Armut trifft vor allem Familien

Foto: Caritas/Aleksandra Pawloff
Foto: Caritas/Aleksandra Pawloff

Papst Franziskus hat den 19. November heuer erstmals zum „Welttag der Armen“ ausgerufen. Zu diesem Anlass macht die Caritas in Oberösterreich auf die Armutslagen von Familien im eigenen Land aufmerksam. Bischof Dr. Manfred Scheuer erklärt die Hintergründe des neuen Welttages.

Gerade bei Familien schlägt die Armut in Österreich verhältnismäßig oft zu. Besonders armutsgefährdet sind laut EU-SILC AlleinerzieherInnen (30%) und Familien mit mindestens drei Kindern (25%). Bei beiden Gruppen liegt die Armutsgefährdungsquote fast doppelt so hoch wie bei der Gesamtbevölkerung (14,1%). „Das ist auch eine Erfahrung unserer 12 Caritas-Sozialberatungsstellen in Oberösterreich: Bis Ende September haben heuer hier bereits 1.648 Familien in Not Hilfe gesucht – mit 3.884 Kindern“, so Franz Kehrer, MAS, Direktor der Caritas in Oberösterreich. „Das ist besonders fatal, weil wir aus unserer Arbeit als Caritas wissen, dass Kinder, die in Armut aufwachsen, im späteren Leben sehr schwer zu tragen haben am ,Rucksack Armut‘, der ihnen aufgebürdet wurde.“ Kinder aus sozial benachteiligen Familien tun sich in der Regel in der Schule viel schwerer und erleben schon sehr früh, was es heißt nicht dazu zu gehören. Schlechtere Bildung bedeutet für diese Kinder in vielen Fällen in weiterer Folge Arbeitslosigkeit.
Eine zentrale Armutsfalle für Familien sind auch in Oberösterreich die steigenden Wohnkosten und der Mangel an leistbarem Wohnraum. Das zeigt auch das Beispiel von Frau A., einer Alleinerzieherin, die verzweifelt in einer Caritas-Sozialberatungsstelle in Oberösterreich Hilfe gesucht und gefunden hat: mit ihren zwei Kindern musste sie vor ihrem gewalttätigen Lebensgefährten flüchten und hatte sich schnell eine kleine Wohnung angemietet. Sie erhielt aber keine Wohnbeihilfe, weil der Mietpreis über 7 Euro pro Quadratmeter lag. Das bedeutete, dass sie sich die Mietkosten auf die Dauer nicht leisten konnte und eine neue Wohnung suchen musste. „Wir konnten die Familie in dieser Zeit mit Lebensmittelgutscheinen unterstützen und ihr mit Beratung sowie bei den Kosten zur Neuanmietung einer Wohnung zur Seite stehen“, erklärt Caritas-Direktor Kehrer.

Caritas hilft wirksam Familien in Not und bittet um Mithilfe Neben der Hilfe in den 12 Caritas-Sozialberatungsstellen unterstützt die Caritas Familien in Not in Oberösterreich auch mit dem Haus für Mutter und Kind, dem Krisenwohnen und dem Tageszentrum „FRIDA“ für wohnungslose Frauen in Linz sowie acht Lerncafès, wo Kinder aus sozial benachteiligten Familien gefördert werden, um einen positiven Schulabschluss zu erreichen. „Jetzt im November bitten wir wieder um Spenden für diese Hilfe für Menschen in Not in Oberösterreich. Gemeinsam können wir so tausenden OberösterreicherInnen jährlich wirksame Hilfe zur Selbsthilfe leisten“, erklärt Franz Kehrer. Alle Infos zum Spenden für Menschen in Not in Oberösterreich auf: www.caritas-linz.at

Gefordert ist in Sachen Armutsbekämpfung aber auch die Politik in Oberösterreich: „Wirksame Maßnahmen zur Schaffung von leistbarem Wohnraum wurden nach wie vor nicht getroffen. Statt dessen wird zum wiederholten Mal bei der Wohnbeihilfe der Sparstift angesetzt – und damit genau bei jenen, die von Armut betroffen sind. Und das angesichts dessen, dass die jährlich steigenden Mietpreise immer mehr Menschen in Bedrängnis bringen. Die Wohnkosten fressen bei Menschen in Not zum Teil schon das halbe Haushaltseinkommen auf.“, kritisiert Kehrer. Im privaten Wohnsektor sind die Mieten laut Statistik Austria um knapp 16% seit 2012 gestiegen, der Durchschnittspreis bei Neuvermietungen liegt bei 10 Euro pro Quadratmeter. „Wenn dann bei uns in Oberösterreich der Mietpreis einer Privatwohnung nach wie vor unter 7 Euro liegen muss, dass man überhaupt Anspruch auf Wohnbeihilfe hat, dann ist das weit entfernt von der Realität der Menschen“, so Caritas-Direktor Kehrer. „Und auch bei der Wiedereinführung der Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten muss man sich sehr gut anschauen, wie man das so gestaltet, damit gerade für AlleinerzieherInnen und Familien, die sich Teilzeitarbeit nicht leisten können, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht noch schwieriger wird.“

Bischof Dr. Manfred Scheuer: „Option für die Armen“ als zentrales Anliegen der Kirche
Diözesanbischof Dr. Manfred Scheuer schätzt das Engagement der Caritas für die Armen und dankt den Caritas-MitarbeiterInnen für ihren täglichen Einsatz. Er stellt jedoch klar, dass der Einsatz für die Armen kein Thema ist, das allein auf die Caritas abgewälzt werden darf: „Die Option für die Armen ist allen Christinnen und Christen aufgetragen und ein Kernthema der Kirche. In der Pastoralkonstitution Gaudium et spes über die Kirche in der Welt von heute, die beim Zweiten Vatikanischen Konzil verabschiedet wurde, heißt es ganz klar: ‚Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.‘ (GS 1). Die ‚Option für die Armen‘ hat in Papst Franziskus einen ausdrücklichen Verfechter, der mit seiner Lebenserfahrung und seiner Lebenspraxis diese Forderung verkörpert und veranschaulicht.“


Solidarität mit den Armen ist wesentliches Kennzeichen des Christseins
Papst Franziskus betone in seinen Lehrschreiben immer wieder, dass für ihn die Zukunft der Kirche in einer „armen Kirche für die Armen“ liege, so Scheuer. Ganz konkret meine Franziskus mit einer „Option für die Armen“ die persönliche Zuwendung zu Menschen in Not. Scheuer wörtlich: „Jesus lehrt uns eine Mystik der offenen Augen: Wir ChristInnen haben die Pflicht, hinzusehen, wo Menschen leiden, ihr Leiden wahrzunehmen und uns von ihm betreffen zu lassen. Es liegt an uns, dem Evangelium ein Gesicht zu geben und uns wie Jesus für das Leben einzusetzen – für ein menschenwürdiges Leben.“ Erster „Welttag der Armen“ als Einladung zur gelebten Solidarität
In seiner Botschaft zum ersten „Welttag der Armen“ fordert Papst Franziskus uns auf, hier in die Nachfolge Jesu einzutreten. Scheuer: „Der Papst betont, dass der Dienst an den Ärmsten eines der ersten Zeichen war, durch das die christliche Gemeinschaft in Erscheinung getreten ist. Den Jüngerinnen und Jüngern Jesu war klar, dass ihr Leben in der Nachfolge Jesu von Geschwisterlichkeit und Solidarität gegenüber jenen geprägt sein muss, die Jesus seligpreist.“ Der Papst fordere in seiner Botschaft mehr als nur mildtätige Zuwendung, so der Diözesanbischof: „Der Dienst an den Armen soll, wie Franziskus sagt, ‚zu einer wirklichen Begegnung führen und der Haltung des Teilens Raum geben, die zum Lebensstil werden soll‘.“ Für ChristInnen gebe es einen grundlegenden Zusammenhang von Glaube und Gerechtigkeit, der sich auch in einem entsprechenden Lebensstil niederschlagen sollte. Der Papst lade dazu ein, „den Armen die Hand zu reichen, ihnen zu begegnen, in ihre Augen zu schauen, sie zu umarmen, sie die Wärme der Liebe spüren zu lassen, die den Teufelskreis der Einsamkeit zerbricht“, wie er in seiner Botschaft betone. Deren Hand sei wiederum die „Einladung, aus unserer Sicherheit und Bequemlichkeit auszubrechen (...) und den Reichtum zu erkennen, den die Armut in sich selbst bereithält“, zitierte Scheuer den Papst.

Der Papst weise in seiner Botschaft zum Welttag der Armen auch deutlich darauf hin, dass Armut nicht nur materielle Not meine, sondern viele Gesichter habe, die „gezeichnet sind von Schmerz, Ausgrenzung, Missbrauch, Gewalt, Folter, Gefängnis, von Krieg, vom Entzug von Freiheit und Würde, fehlenden Bildungschancen und Analphabetismus, Gesundheitsnotlagen und Arbeitslosigkeit, Menschenhandel, Sklaverei, Exil, Elend und erzwungener Migration“.

Der von ihm initiierte Welttag der Armen solle die Gläubigen anspornen, der Wegwerfkultur und der Kultur des Überflusses eine wahre Kultur der Begegnung entgegenzustellen, wie der Papst es formuliere. Gleichzeitig sei, so Papst Franziskus, „die Einladung an alle Menschen gerichtet, unabhängig von der religiösen Zugehörigkeit, damit sie sich als konkretes Zeichen der Brüderlichkeit für das Teilen mit den Armen in jeder Form der Solidarität öffnen“.

Wunsch des Papstes an die christlichen Gemeinden sei es, rund um den neuen „Welttag der Armen“, der heuer auf den 19. November fällt, „viele Gelegenheiten zur Begegnung und zur Freundschaft, aber auch zur Solidarität und zur konkreten Hilfe zu schaffen. Anschließend können sie die Armen gemeinsam mit den Ehrenamtlichen, die sich um diese kümmern, zur Eucharistiefeier an diesem Sonntag einladen.“ Nach Papst Franziskus solle der Welttag der Armen eine Tradition werden, die konkret zur Evangelisierung der Welt beitrage.

Die Botschaft zum „Welttag der Armen“ im Wortlaut:
http://w2.vatican.va/content/francesco/de/messages/poveri/documents/papa-francesco_20170613_messaggio-i-giornatamondiale-poveri-2017.html

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