GAP-Reformvorschlägen erforderlich

_LK OÖ_Steinmaurer
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Beim kommenden informellen Agrarministerrat von 23. bis 25. September auf Schloss Hof in Niederösterreich werden die EU-Kommissionsvorschläge für die künftige Gemeinsame Agrarpolitik 2021 bis 2027 im Mittelpunkt der Beratungen stehen. Die Landwirtschaftskammer OÖ fordert im Vorfeld dieses Treffens nochmals deutliche Korrekturen und Änderungen um auch klein- und mittelbäuerlichen Familienbetrieben eine solide Zukunftsperspektive bieten zu können. „Die vorliegenden Budget-vorschläge sowie die vorgelegte inhaltliche Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik stellen einen massiven Einschnitt in die bisherige Agrarpolitik dar und würden insbesondere die Existenz der bäuerlichen Betriebe in den benachteiligten Gebieten nachhaltig gefährden. Zudem würde mit den massiven Kürzungen in der Ländlichen Entwicklung die von der österreichischen Landwirtschaft erfolgreich umgesetzte Ökologisierungsstrategie nachhaltig in Frage gestellt“, warnt LK-Präsident Franz Reisecker.

Kürzung EU-Agrarbudget nicht akzeptabel
Die EU-Direktzahlungen sind gerade für bäuerliche Familienbetriebe in der Einkommens-sicherung unverzichtbar, um wirtschaftlich wettbewerbsfähig zu bleiben. Zudem würde die überproportionale Kürzung von über 15 Prozent in der Ländlichen Entwicklung gerade die Bergbauern, die Biobauern und alle Betriebe mit ökologischen und nachhaltigen Bewirtschaftungspraktiken massiv treffen. „Das Argument des anstehenden Austritts des Nettozahlers Großbritannien greift hier zu kurz, da andere EU-Politikfelder keine Kürzungen hinzunehmen haben und zudem die Landwirte am Markt zu den am stärksten betroffenen Sektoren eines Brexit gehören. Es kann daher nicht sein, dass hier die Bäuerinnen und Bauern doppelt die Zeche für den EU-Austritt Großbritanniens zahlen müssen“, zeigt Präsident Franz Reisecker auf. Scharfe Kritik übt er insbesondere an den Kürzungen der zweiten Säule, da diese im Widerspruch zu der von der Europäischen Kommission angekündigten Stärkung der Subsidiarität in der Agrarpolitik steht.

Nationale Strategiepläne bürokratisch überfrachtet
Die Landwirtschaftskammer begrüßt die grundsätzliche Absicht der Europäischen Kommission den Mitgliedsstaaten mehr Spielraum bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Gemeinsamen Agrarpolitik einzuräumen. Mit der vorgeschlagenen Form der Umsetzung nationaler Strategiepläne kann diesem Ziel aber keinesfalls entsprochen werden. Dies gilt vor allem deshalb, weil den Mitgliedsstaaten in wesentlichen inhaltlichen Bereichen auch künftig keine wirklichen Spielräume eingeräumt werden. So ist es zum Beispiel unverständlich, dass die EU-Kommission weiter an der Fünf-Jahres-Frist für die Dauergrünlandwerdung festhält, obwohl diese mit äußerst kontraproduktiven Umwelt- und Klimawirkungen verbunden ist.

Die vorliegenden Vorschläge zu den Direktzahlungen beinhalten zwar den Entfall der bisherigen Greening-Bestimmungen, sehen aber im Rahmen der neuen „Konditionalität“ de facto eine Super-Cross Compliance vor, die weit über bisherige Auflagen in der Betriebsführung hinausgeht und insbesondere kleinere sowie intensiver geführte Tierhaltungsbetriebe massiv treffen würde. Die vorgeschlagene vollständige Nährstoffbilanzierung würde insbesondere Klein- und Kleinstbetriebe vor massive Umsetzungsprobleme stellen und einen Teil der Betriebe wohl aus der Produktion drängen. Sollte an diesem Instrument festgehalten werden, so muss für kleinere Betriebe zwingend eine vereinfachte Ausnahmeregelung geschaffen werden.

Bürokratische Vereinfachungen ernsthaft angehen
Den Ankündigungen der Europäischen Kommission für Verwaltungsvereinfachungen kann mit den von ihr selbst vorgelegten Vorschlägen keinesfalls entsprochen werden. Den mehrfachen Ankündigungen des EU-Agrarkommissars müssen hier endlich auch Taten folgen. Die Verantwortung für bürokratische Verfahren sowie Kontroll- und Sanktionssysteme auf Ebene der Mitgliedsstaaten zu verlagern, diese aber weiter von EU-Ebene im Detail bestimmen zu wollen, bringt keinesfalls eine Vereinfachung, sondern im Gegenteil sogar eine weitere Verkomplizierung und zusätzliche Rechtsunsicherheiten für die Bäuerinnen und Bauern. „Auch in diesem Bereich liegt noch ein hartes Stück Arbeit vor uns“, zeigt Kammerpräsident Reisecker auf.

Ergebnis vor Tempo
Seitens der Europäischen Kommission gibt es die ehrgeizige Zielsetzung, die wesentlichen politischen Entscheidungen zur künftigen EU-Finanzierung und zur künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik noch vor den Europawahlen im kommenden Mai zu treffen. Die Landwirtschaftskammer würde es zwar begrüßen, wenn für die Landwirtschaft rasch Finanzierungs-, Planungs- und Rechtssicherheit geschaffen werden kann, erachtet diesen Zeitplan aber als unrealistisch. „Vorerst hat für die Landwirtschaft eine ordentliche und geordnete Austrittsvereinbarung mit Großbritannien Priorität, um einen abrupten Schock für die EU-Agrarmärkte zu vermeiden. Und auch in Sachen EU-Budget und Zukunft der Gemeinsamen Agrarpolitik haben akzeptable inhaltliche Ergebnisse Priorität gegenüber einem enggesteckten Zeitplan“, betont Präsident Franz Reisecker.

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