Armut bekämpfen, nicht Arme bestrafen

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer OÖ
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer OÖ

Seit wenigen Tagen ist das „Sozialhilfe-Grundsatzgesetz“ in Kraft. Es wurde trotz massiver Proteste von der alten türkis-blauen Regierung beschlossen und löst die bisherige Mindestsicherung ab. „Das übergeordnete Ziel der Mindestsicherung war, sozial Bedürftigen ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Dieses Ziel wird mit dem neuen Gesetz nicht erreicht. Das Gesetz sollte daher zurück an den Start“, fordert AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. In Oberösterreich sind aktuell etwa 14.800 Menschen, darunter rund 6.000 Kinder, auf Mindestsicherung angewiesen. Besonders problematisch ist, dass Migranten/-innen und Menschen mit Sprachschwierigkeiten für soziale Problemlagen bestraft werden, in die sie ohne eigenes Zutun geraten sind.

Jetzt liegt der Ball bei den Bundesländern, die sogenannte Ausführungsgesetze erlassen müssen. „Die Länder sollen für ihre Landesgesetze die vorhandenen Spielräume nutzen, um Menschen in sozialen Notlagen optimal zu unterstützen, statt Armut noch mehr zu verschärfen“, wünscht sich Kalliauer. Das gilt insbesondere für Oberösterreich mit derzeit noch höheren Leistungen beispielsweise für Alleinstehende und Kinder.

Das für Oberösterreich zu beschließende Sozialhilfegesetz soll die Mindestsicherung ab 1. Jänner 2020 ersetzen. Aus Sicht der Arbeiterkammer Oberösterreich sind dabei vor allem drei Punkte zu berücksichtigen:

1.) Das Grundsatzgesetz ermöglicht Übergangsbestimmungen bis 1. Juni 2021. Diesen Zeitraum gilt es zu nutzen, damit Menschen, die aktuell eine höhere Mindestsicherung erhalten, nicht von heute auf morgen massiv gekürzte Leistungen vorfinden. Dies betrifft vor allem Alleinstehende, aber auch viele Kinder.

2.) Das Land Oberösterreich soll vorhandene Spielräume in positiver Form nutzen. Der Bonus für Alleinerziehende und für Menschen mit Behinderungen soll rechtlich verbindlich festgeschrieben werden. Die zusätzliche „Wohnkostenpauschale“ ist für Menschen mit höheren Wohnkosten zu gewähren, und auch der Heizkostenzuschuss, von dem aktuell Mindestsicherungsbezieher/-innen ausgenommen sind, sollte für Sozialhilfebezieher/-innen künftig wieder gewährt werden.

3.) Der sogenannte „Arbeitsqualifizierungsbonus“ ist eigentlich ein Malus, der die Leistung für Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen oder geringer Bildung um rund 300 Euro reduziert. Diese Regelung ist eindeutig EU-rechtswidrig und sollte erst gar nicht in Kraft treten. EU-Recht verbietet eine Schlechterstellung von Asylberechtigten gegenüber Österreichern/-innen. In Oberösterreich hat der Europäische Gerichtshof diese Auslegung für Menschen mit „Asyl auf Zeit“ bereits bestätigt. Überdies braucht es dringend Deutschkurse und ausreichende Qualifizierungsangebote vor Ort, damit die Menschen überhaupt die Chance erhalten, jemals diesen „Bonus“ zu bekommen.

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