Jugendnetzwerkdialog Gmunden: Rege Diskussion und neue Ideen gegen Mobilitätsarmut von Jugendlichen

V.l.n.r.: Christian ?-hlinger (O?-VV), Ursula Engelhardt (Berufsausbildungsassistenz Gmunden), Susanne Tückmantel (Produktionsschule Gmunden) und Martin Kamrat (Bezirksstelle Gmunden).
V.l.n.r.: Christian ?-hlinger (O?-VV), Ursula Engelhardt (Berufsausbildungsassistenz Gmunden), Susanne Tückmantel (Produktionsschule Gmunden) und Martin Kamrat (Bezirksstelle Gmunden).

Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis. Um am sozialen, ökonomischen und kulturellen Leben teilhaben zu können, braucht es gute und leistbare Mobilitätsangebote. Viele junge Menschen in Österreich sind in ihrer Mobilität stark eingeschränkt. Insbesondere bei der Schul- und Berufswahl spielt das eine entscheidende Rolle. Bei der Ideenwerkstatt „Bewältigung von Mobilitätsarmut“ des Jugendnetzwerkes Gmunden/Vöcklabruck in der Arbeiterkammer Gmunden mit Teilnehmern/-innen von sozialen Organisationen, Institutionen, Schulen und Betrieben wurden Lösungsstrategien diskutiert. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert etwa, dass Jugendliche in Unterstützungsangeboten, wie z.B. der Produktionsschule, den gleichen Zugang zum Lehrlings- und Jugendticket haben sollen wie Lehrlinge und Schüler/-innen.

Viele Jugendliche, gerade im ländlichen Raum, leiden darunter, dass das Netz öffentlicher Verkehrsmittel häufig nicht ausreichend ausgebaut ist. Zwar sind die Verbindungen nach Gmunden und Vöcklabruck relativ gut, das Angebot zwischen den einzelnen Gemeinden lässt jedoch vielfach zu wünschen übrig. Das wird etwa dann zum Problem, wenn Jugendliche eine Lehre machen wollen, der Lehrbetrieb sich aber in einer Gemeinde befindet, die mit Öffis schwer oder gar nicht erreichbar ist.

Ein weiteres Problem: Jene, die den Übergang von der Schule in den Beruf noch nicht geschafft haben und Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen, in der sie auf die Berufswelt vorbereitet werden, haben im Gegensatz zu Schülern/-innen und Lehrlingen keinen Anspruch auf das Lehrlings- oder Jugendticket. Gegen einen kleinen Selbstbehalt hätten die Jugendlichen damit freie Fahrt zwischen Wohn- und Ausbildungsort. Mit der Aufzahlung zum Jugendticket könnten sie sich darüber hinaus günstig im gesamten Netz des Oberösterreichischen Verkehrsverbunds bewegen. Je nach Fördergeber und Angebot ist die finanzielle Unterstützung für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel unterschiedlich geregelt.

„Jugendliche in Unterstützungsangeboten kommen überwiegend ohnehin schon aus mobilitätsarmen Familien. Sie dürfen nicht noch zusätzlich ausgegrenzt werden. Die Arbeiterkammer Oberösterreich fordert daher einen Zugang zum Lehrlings- bzw. Jugendticket für alle, die sich in Unterstützungsprojekten befinden“, so AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Mit der Gleichstellung der Ticketpreise für Jugendliche in Unterstützungsangeboten mit jenen, die für Schüler/-innen und Lehrlinge gelten, würden sie von denselben Mobilitätsmöglichkeiten und somit einer besseren sozialen Teilhabe profitieren.

„In einigen Unterstützungsangeboten werden die Kosten für Tickets für öffentliche Verkehrsmittel im Nachhinein zurückerstattet. Für einkommensschwache Familien stellt aber die Vorfinanzierung eine finanzielle Belastung dar. Die Jugendlichen haben dann nicht dieselben Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, wie Jugendliche mit dem Jugendticket“, betonte Susanne Tückmantel, Leiterin der Produktionsschule Gmunden.

Ebenfalls Thema bei der Veranstaltung war, dass das vorgelebte Mobilitätsverhalten der Eltern oftmals auch entscheidend für das Verhalten der Kinder und Jugendlichen ist. „Wenn die Eltern zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln Wege zurücklegen, lernen das die Kinder von den Eltern. Oftmals trauen es Eltern ihren Kindern aber nicht zu oder haben Angst, dass etwas passieren könnte. Manche Eltern chauffieren ihre Kinder jederzeit. Dadurch werden diese in ihrem Mobilitätsdenken und -verhalten eingeschränkt und lernen gar nicht ihre Möglichkeiten kennen“, betonte Ursula Engelhardt von der Berufsausbildungsassistenz in Gmunden. Mobilität beginnt im Kopf – ein Umdenken, um die Flexibilität zu erhöhen, wäre wünschenswert.

Wolfgang Öhlinger von der Regionalbetreuung des Oberösterreichischen Verkehrsverbunds (OÖVV) erklärte, dass die Planungen und Umsetzungen regionaler Verkehrskonzepte zehn Jahre betragen und in diesem Zeitraum nur geringe Änderungen möglich sind. Daher sei es für die Betriebe wichtig, sich bei der Gemeinde vor der Ansiedlung über die öffentliche Verkehrsanbindung zu informieren, um den Betriebsstandort für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut erreichbar zu machen.

Gleichzeitig gibt es erfreulicherweise einige Betriebe, die Verständnis für die Situation der Jugendlichen aufbringen und die Arbeitszeiten der Lehrlinge an den Busfahrplan anpassen. Daneben organisieren engagierte Mitarbeiter/-innen Fahrgemeinschaften, und in manchen Fällen holen Firmen ihre Mitarbeiter/-innen sogar per Shuttledienst ab. Vereinzelte Lehrbetriebe belohnen ihre Lehrlinge mit der Kostenübernahme des Führerscheins – meist aber nur dann, wenn der Lehrabschluss mit Auszeichnung bewältigt wird.

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