Regierung lässt daheim pflegende Angehörige alleine

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer O?-
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer O?-

Das Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen sieht beim Thema Pflege keinen Ausbau der stationären Plätze in den Seniorenzentren und Krankenhäusern vor. Das ist laut AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer ein schwerer Mangel: „Pflege daheim ist ein Drahtseilakt für die Angehörigen zwischen Beruf und oft intensiver Betreuung einer nahestehenden Person. Der von der Regierung geplante ´Pflege-Daheim-Bonus` und ein pflegefreier Tag im Monat sind bestenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein!“

Die AK sieht die große Gefahr, dass vor allem Frauen aufgrund der Pflegeverpflichtungen ihre Berufstätigkeit aufgeben müssen oder in eine gefährliche Doppelbelastung kommen, die ins Burnout führen kann. „Die Langzeitpflege muss in das staatliche Gesundheitssystem eingegliedert werden. Und es braucht einen Ausbau der dafür nötigen Plätze. Das erst ermöglicht echte Wahlfreiheit für betroffene Familien“, so Kalliauer.

Die im Regierungsprogramm in Aussicht gestellten Maßnahmen zur Entlastung der pflegenden Angehörigen helfen punktuell: Ausbau der mobilen Pflege und Betreuung, ein pflegefreier Tag pro Monat und ein noch nicht näher definierter „Pflege-Daheim-Bonus“. Auch mehr Bewusstseinsbildung innerhalb der Unternehmen zu Pflegekarenz und -teilzeit sowie Arbeitszeitgestaltung im Interesse pflegender (erwerbstätiger) Beschäftigter und der Ausbau des Beratungs- und Unterstützungsangebotes durch „Community Nurses“ vor Ort sind durchaus begrüßenswert.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind aber nur sinnvoll für Fälle, in denen jemand punktuell Hilfe benötigt und diese durch einzelne, mobile Angebote abgedeckt werden kann. Tatsächlich wird aber die Anzahl jener, die im Alltag ständig auf Hilfe angewiesen sind, stark ansteigen. „Mit der Pflege dieser Menschen dürfen ihre Angehörigen nicht allein zu Hause gelassen werden. Pflege kann nicht jeder und jedem einfach abverlangt werden. Es führt zu Überlastung auf Seite der betreuenden Angehörigen und zu mangelnder Qualität bei der Betreuung der zu pflegenden Person. Professionelle Pflege muss daher für alle in der Gesellschaft möglich sein und darf nicht von der Brieftasche abhängen“, so Präsident Kalliauer.

Die Arbeiterkammer mahnt insgesamt mehr Verantwortung der Politik ein. In einer solidarischen Gemeinschaft ist es eine staatliche Aufgabe, zukunftsfitte voll- und teilstationäre Versorgung bereitzustellen, bei der gut ausgebildete Fachkräfte ein Altern in Würde ermöglichen. „Daher plädieren wir nachdrücklich für einen Ausbau dieses Angebotes unter Bedachtnahme auf gute Arbeitsbedingungen für das Personal“, fordert Kalliauer.

Im Regierungsprogramm findet sich zwar auch ein Problembewusstsein für Kinder und Jugendliche, die bereits Angehörige zu Hause betreuen („young carers“). Eine konkrete Unterstützungsstrategie für diese jungen Menschen, die bereits vor Berufseintritt massiv in ihrer Fortbildung und Weiterentwicklung beeinträchtigt sein können, bleibt die Regierung allerdings schuldig.

Immerhin hat die Regierung eine wichtige Forderung der AK Oberösterreich in ihr Programm aufgenommen: Für Agenturen, die 24-Stunden-Betreuung vermitteln, soll ein verpflichtendes Qualitätszertifikat eingeführt werden. „Dieses Zertifikat ist allerdings nur dann ein wirksames Kontrollinstrument, wenn seine Voraussetzungen engmaschig von staatlicher Seite kontrolliert werden“, stellt Präsident Kalliauer fest. Und selbst dann muss bedacht werden, dass das Modell der 24-Stunden-Betreuung nur jenen nutzt, die es sich überhaupt leisten und die für die Betreuer/-innen einen Wohnraum im eigenen Haus zur Verfügung stellen können. Das ist vor allem für Stadtbewohner/-innen schwer möglich.

Für pflegende Angehörige, vor allem für Frauen, sind die Folgen eines – auch nur vorübergehenden – Ausscheidens aus dem Erwerbsleben behutsam abzuwägen, damit sie nicht später mit Altersarmut in der Pension kämpfen müssen. Die im Programm vorgesehene Ausweitung der Selbst- und Weiterversicherung ist daher wichtig und wird in Hinblick auf ihre Reichweite genau zu untersuchen sein.

Die Frage der konkreten Pflege-Finanzierung lässt die Regierung bis jetzt unbeantwortet. Die AK OÖ tritt klar für eine Finanzierung durch Steuern ein, insbesondere durch eine längst überfällige Vermögenssteuer für Millionäre/-innen.

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