Neue Studie – AK-Kalliauer: „AMS-Algorithmus fördert soziale Ungleichheit und hat in der Arbeitsmarktpolitik keinen Platz“

Für Jobsuchende hätte ab Jänner 2021 das „Arbeitsmarktchancen-Assistenz-System“ (AMAS) – bekannt als „AMS-Algorithmus“ – angewendet werden sollen. Das wurde von der Datenschutzbehörde gestoppt. Vorerst. Das Institut für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hat im Auftrag der AK OÖ gemeinsam mit der TU Wien eine Studie über Auswirkungen und Mechanismen dieses Algorithmus erstellt. Zentrales Ergebnis: Die mit Einführung des Algorithmus verknüpfte Entscheidung, vorwiegend Arbeitsuchende mit mittleren Jobchancen zu unterstützen und Menschen mit geringen Arbeitsmarktchancen weniger zu fördern, trägt zu struktureller und sozialer Ungleichheit bei. „Das benachteiligt Ältere, gering Qualifizierte und Menschen mit gesundheitlichen Problemen und hat daher keinen Platz in der Arbeitsmarktpolitik“, sagt AK-Präsident Johann Kalliauer.

„Kein Algorithmus kann ein zu knapp bemessenes AMS-Budget kaschieren. Um für Arbeitsuchende echte Chancengerechtigkeit zu ermöglichen, braucht es ein Konjunkturprogramm, das neue Arbeitsplätze schafft, einen Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte Maßnahmen des Arbeitsmarktservice (AMS), eine Aufstockung des AMS-Förderbudgets und mehr AMS-Personal“, fordert Kalliauer. Im Oktober gab es 122.500 Langzeitbeschäftigungslose. Das sind um 29.000 bzw. um 30,7 Prozent mehr als vor einem Jahr. Ohne zusätzliche arbeitsmarktpolitische Unterstützungsangebote wird diese Gruppe nur schwer in den Arbeitsmarkt zu integrieren sein.

Empfehlungen der Studienautoren/-innen

„Bei der Entwicklung algorithmischer Systeme für (semi-)staatliche Einrichtungen wie das AMS sind Anti-Diskriminierungsmaßnahmen, sowie System- und Datentransparenz gefordert, um eine nachvollziehbare Evaluierung aus technischer, grundrechtlicher, demokratischer und rechtsstaatlicher Sicht zu ermöglichen“, empfehlen Dr.in Doris Allhutter und Dr.in Astrid Mager vom Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Darüber hinaus empfehlen die Studienautoren/-innen Einsichts- und Einspruchsrechte für Betroffene, öffentliche Beratungen sowie die Vermittlung neuer Kompetenzen für AMS-Berater/-innen und Kunden/-innen, falls algorithmische Systeme im öffentlichen Sektor zum Einsatz kommen sollten.


Die AK OÖ lehnt den AMS-Algorithmus ab, weil

Menschen bei geeigneten Rahmenbedingungen bessere (sozialere, individuellere, effizientere) Entscheidungen treffen, die in diesem sensiblen Bereich der Technik vorzuziehen sind.
die Erfassung wichtiger Faktoren für die Arbeitsmarktintegration mangelhaft ist.
Diskriminierungen am bestehenden Arbeitsmarkt fortgesetzt werden.
der Algorithmus für Krisensituationen (etwa „COVID-19“) nicht gewappnet ist.


Forderungen der Arbeiterkammer Oberösterreich


Rechtsanspruch auf bedarfsgerechte Maßnahmen aktiver Arbeitsmarktpolitik

Arbeitslose Menschen sollen – je nach ihrem Unterstützungsbedarf und auf freiwilliger Basis – Zugang zu AMS-Maßnahmen erhalten. Mit einem Rechtsanspruch wird gewährleistet, dass für Jobsuchende die notwendigen Mittel von der öffentlichen Hand bereitgestellt werden.

Mehr Personal für das AMS! Menschen sind besser als jeder Algorithmus

Das AMS hätte bereits vor der Corona-Krise mehr Personal benötigt. Die nun beschlossenen 350 befristeten zusätzlichen Planstellen (davon 100 für Kurzarbeitsabwicklung) bis 2023 und der gestoppte Stellenabbau von weiteren 150 Stellen sind zu begrüßen. Das ist aber zu wenig, denn der Gesamt-Bedarf ist mit mehr als 650 zusätzlichen Planstellen deutlich größer.

AMS-Förderbudget in ausreichender Höhe zur Verfügung stellen

Der Algorithmus wurde entwickelt, um die Ressourcen des AMS so effizient wie möglich einzusetzen. Sind die Budgetmittel knapp und das Personal zu wenig, kann ein so konstruierter „ökonomischer“ Mitteleinsatz unsoziale Folgen haben.

Ein Konjunkturprogramm und weitere Maßnahmen zur Schaffung von Jobs.


Für die Umsetzung einer Jobgarantie bzw. die Schaffung von Jobs für Langzeitbeschäftigungslose sind 300 Millionen Euro mehr AMS-Förderbudget notwendig. Zudem ist die öffentliche Hand als Konjunkturmotor gefragt. So sollte die Bundesregierung ein zielgerichtetes, rasch wirksames Konjunktur- und Beschäftigungspaket mit mehr Investitionen in die öffentliche und soziale Infrastruktur schnüren.

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