Besonderer Gastschüler in Hallstatt

an der Fachschule für Tischler !

Jeden Tag etwas Sinnvolles tun und es sich nicht zu gut gehen lassen!

So lautet das Lebensmotto eines Schülers der 4. Klasse Fachschule für Tischler an der HTBLA Hallstatt, dessen Geburtsdatum 27. 09. 1927 besonders hervorsticht. Glaubt man zuerst an einen Tippfehler, so wird man von den Schülern schnell aufgeklärt. Dr. Friedl Steinmetzer aus St. Gilgen ist ordentlicher Gastschüler an der Fachschule für Tischler, besucht wie seine Klassenkameraden die Abschlussklasse und bereitet sich derzeit auf seine Abschlussprüfung vor.

Als 16-Jähriger wurde Friedl Steinmetzer 1943 zur Wehrmacht eingezogen und kam mit Kriegsende in russische Gefangenschaft aus der 1945 heimkehrte. Er begann als tierärztlicher Praktikant zu arbeiten und besuchte 1948 – 1953 die tierärztliche Hochschule in Wien. Von 1954 – 1992 führte er eine Tierarztpraxis in St. Gilgen und war zwischen Faistenau und Bad Ischl allseits bekannt. Nach seiner Pensionierung machte er bis zum Jahre 2002 tierärztliche Vertretungen und bekam 2007 das goldene Doktordiplom verliehen. Seit 1964 ist Dr. Steinmetzer glücklich verheiratet „meine Gattin lässt die Leine locker, sonst wäre der Schulbesuch nicht möglich“ und hat einen Sohn, seines Zeichens Kunsthistoriker, der in München lebt.

Ein Hobby, das er nie aus den Augen verlor und welches ihn ein Leben lang begleitete, ist die Arbeit mit Holz. „Ich sehe die Tischlerei als Kunsthandwerk“, so Dr. Steinmetzer, darum gilt seine Vorliebe Massivholzmöbeln, die nach alter handwerklicher Tradition gefertigt sind und für ihn den Stellenwert von Kunstgegenständen haben. Obwohl er sich im Laufe der Jahre als Autodidakt ein umfangreiches Wissen über den Werkstoff Holz und dessen Bearbeitungsmöglichkeiten erwarb, entschloss er sich als 80 - jähriger!!! die Fachschule für Tischler in Hallstatt zu besuchen, um so fundierte handwerkliche Kenntnisse aus erster Hand zu erwerben. Anfänglich von den Jugendlichen mit Zurückhaltung aufgenommen, hat er sich durch seine offene und positive Lebenseinstellung schnell in die Klassengemeinschaft integriert. Den Herrn Doktor bloß mit seinem Vornamen anzusprechen erschien den Schülern ein wenig zu respektlos, die Anrede „Herr Dr. Steinmetzer“ gar zu förmlich, sodass sich letztendlich die Ansprache „du Doktor“ durchsetzte.

Aufgrund seiner außergewöhnlichen körperlichen und geistigen Fitness macht Dr. Steinmetzer alle Arbeiten in der Werkstätte mit - regelmäßiger Schulbesuch ist ihm persönliche Verpflichtung. Pünktlich zu Unterrichtsbeginn spendiert der „du Doktor“ täglich einen Gratis-Obstkorb für seine Mitschüler - „ die jungen Leut´ essen sowieso zu wenig Obst“ - und achtet dabei auf gerechte Verteilung. „Ich bin kein Kind der Spassgesellschaft, das Teilhaben an der beruflichen Entwicklung, die Zusammenarbeit mit den jungen Leuten, von ihnen zu lernen, bringt mir Freude und Glück“. Die Schüler wiederum wissen Alter und Lebenserfahrung ihres gut viermal so alten Mitschülers durchaus zu schätzen, und der Umgangston klingt in Anwesenheit ihres akademischen Klassenkameraden wohltuend gepflegt.

Nach dem positiven Abschluss der Fachschule für Tischler hat sich Dr. Steinmetzer den Besuch der Meisterschule zum Ziel gesetzt. „Der Schulbesuch bedeutet für mich nicht nur Weiterbildung in Sachen Holz, er ist auch ein imaginärer Anker der mich aufrecht erhält, vor Altersdepression schützt und Vereinsamung vorbeugt“.(Fei)

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