„VisionGmunden“ – es braucht mehr Mut (der Politik)

Seit mehreren Wochen beschäftigt sich das Projektteam von „VisionGmunden“ mit den Problemen der Gmundner Innenstadt und hat nach den ersten Expertengesprächen und der Informationserhebung vor Ort weitere Fachleute nach Gmunden gebeten, um am Mittwoch Abend im K-Hof erste Lösungsansätze – in Fall des 1. Thementages zu „Mobilität und Lebensraum“ - mit den Gmundnerinnen und Gmundnern zu diskutieren. Verkehrsplanung soll ein ganz wesentlicher Bestandteil der Stadtentwicklung sein. Ziel ist es jedoch, keine Konzepte vom Reisbrett über Gmunden zu stülpen, sondern individuelle Lösungen zu finden. Was von der Bevölkerung ganz klar gefordert wird, ist mehr Mut bei der Umsetzung.

Die Impulsvorträge von Stadtrat Wolfgang Sageder, Raumplaner Herbert Bork und Verkehrspädagogen Fritz Menzl zeigten ganz klar, dass Gmunden – wie auch sehr viele andere kleine Städte und Gemeinden – mit dem Strukturwandel in der Gesellschaft etc. zu kämpfen habe. So meinte etwa Wolfgang Sageder, dass er selbst nach 20 Jahren intensiver Beschäftigung mit der Gmundner Verkehrsproblematik keine fertige Lösung habe – „es gibt ständig Veränderungen, wir sollten uns mit-verändern. Gehen wir ein Stück gemeinsam, unsere Stadt lebenswert zu gestalten.“ 60 Prozent der Autofahrten in Gmunden hätten eine Distanz von 500 m Luftlinie, betonte Sageder, die Region mit 100.000 Einwohnern und 100.000 angemeldeten Fahrzeugen habe schön langsam ihren Zenit an Verkehrsdichte erreicht, es sei an der Zeit, sich über sinnvolle Alternativen Gedanken zu machen, so die eindringlichen Worte des Verkehrsstadtrates.

Die Bevölkerung muss
miteingebunden sein

Raumplaner Herbert Bork warnte eindringlich davor, neue Siedlungen zu bauen, sondern plädierte für das Verdichten bestehender Ortschaften – mit Anbindung an den öffentlichen Verkehr, also möglichst im Haltestellenbereich. Ein Energiesparhaus mit Auto habe eine schlechtere Energiebilanz als ein herkömmliches Haus ohne Auto. Von zentraler Bedeutung sei die Belebung des öffentlichen Raumes, Sammelgaragen seien sinnvoller als eine Garage pro Wohnhaus, dies fördere auch die Kommunikation der Menschen untereinander, so Herbert Bork, der auch die Frage stellte, ob Einkaufszentren am Stadtrand überhaupt noch zeitgemäß seien. Herbert Bork: „Für Veränderungen braucht es Mut (der Politiker), dieser Mut macht sich aber politisch bezahlt.“ Herbert Bork riet eindringlich, das Verkehrsproblem nicht nur von irgendwelchen Experten lösen zu lassen, sondern in die Diskussion und Entscheidungsfindung auch die Bevölkerung miteinzubeziehen.

Die Problematik „Mobilität und Lebensraum“ versuchte der Verkehrspädagoge Fritz Menzl von der psychologischen Seite her zu betrachten. Fahrzeuge würden von uns noch immer als Wesen betrachtet, die Ästhetik, wie wir mit Bächen und Flüssen umgehen entspreche in etwa der Ästhetik, wie wir mit unseren Wegen umgehen.
Die Rede war auch von „Shared Space“, vom gemeinsam genutzten Raum. Eine Planungsphilosophie, nach der vom Verkehr dominierter öffentlicher Straßenraum lebenswerter, sicherer, sowie im Verkehrsfluss verbessert werden soll. Charakteristisch ist dabei die Idee, auf Verkehrszeichen, Signalanlagen und Fahrbahnmarkierungen zu verzichten. Gleichzeitig sollen die Verkehrsteilnehmer vollständig gleichberechtigt werden, wobei die Vorfahrtsregel weiterhin Gültigkeit besitzt. Das Planungsmodell wurde federführend vom Niederländer Hans Monderman in den 1990er Jahren entwickelt und findet heute weltweit Anwendung. Den Impulsvorträgen schloss sich eine Podiumsdiskussion an.

Unter den Gästen des ersten Thementages im K-Hof waren zahlreiche VertreterInnen des Gmundner Stadt- und Gemeinderates mit den beiden Vizebürgermeistern Gottfried Schrabacher und Christian Dickinger an der Spitze, aufmerksame Zuhörer waren auch der neue Stadtamtsdirektor Heimo Pseiner und Stadtbaudirektor Johann Aigner.

Zwei weitere Thementage

„VisionGmunden“ wird noch zwei Thementage veranstalten: am Mittwoch, 9. November um 18.30 Uhr und am Mittwoch, 23. November, um 18.30 Uhr, jeweils im Rathaussaal.

Das Projektteam „VisionGmunden“ mit den Architekten Tobias Hagleitner, Bernhard Rihl, Richard Steger und Gunar Wilhelm von der Kunst-Universität Linz freut sich über Besuche aus der interessierten Bevölkerung im ehemaligen Büro des Stadtmarketings, An der Traunbrücke 3, jeden Freitag zwischen 14 und 17 Uhr sowie nach vorheriger Absprache, Tel. 0732 / 216493, E-Mail: visiongmunden@gmail.com; Internet (Blog): visiongmunden.wordpress.com

„VisionGmunden“ ist ein aus EU-Mitteln und vom Land OÖ gefördertes Leader-Projekt, durchgeführt von der Kunstuniversität Linz im Auftrag der Stadt Gmunden.

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