Novelle der Straßenverkehrsordnung: Freibrief für Ausweismissbrauch

Die in der Nationalratssitzung am Donnerstag zur Abstimmung vorgesehene Novelle der Straßenverkehrsordnung birgt neben Neureglungen für den Radverkehr und der Einführung von Begegnungszonen Sprengstoff für das Parken in Österreichs Städten: Bereits bisher wurden die begehrten Gehbehindertenausweise von Angehörigen verwendet, oft noch Jahre nach dem Tod der Berechtigten. Grund dafür ist, dass die Ausweise anders als sonst in Europa nicht befristet sind, entgegen einer Empfehlung des Rates der Verkehrsminister.
Nun sollen der Kreis der Berechtigten ausgeweitet werden und die Zuständigkeit von den Bezirksbehörden auf das Bundessozialamt übergehen. Statt einer „dauernden starken Gehbehinderung“ wird künftig ausreichen, wenn das Amt wegen „dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ die „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ feststellt.

Eine Übermittlung der Personendaten ist ebenso wenig vorgesehen wie eine Befristung der Ausweise, auch die seit 2001 ausgestellten sollen weiter gelten.
Somit wird es bei den künftigen Ausweisen keine Möglichkeit für die Polizei oder die Aufsichtsorgane der Gemeinden geben, Missbrauch festzustellen, weil außer dem Bundessozialamt niemand weiß, wem ein Ausweis gehört.
Das schmerzt mehrfach: Ohne die Daten kann nicht kontrolliert werden, ob die Ausweise korrekt verwendet werden. Natürlich kann ohne Personendaten auch nicht entdeckt werden, wer Ausweise von Verstorbenen verwendet.

Zu erwarten ist demnach, dass die bestehenden Behindertenparkplätze deutlich stärker genutzt werden – zum Nachteil der Gehbehinderten – und in der Folge in großer Zahl neue geschaffen werden müssen, zulasten der Parkplatz Suchenden ohne Ausweis.

Bürgermeister Mag. Herbert Brunsteiner: „Wie viele andere Bürgermeister appelliere ich eindringlich an den Gesetzgeber, die neuen gesetzlichen Bestimmungen zu den Behindertenausweisen so zu gestalten, dass ein Missbrauch möglichst weitgehend ausgeschlossen wird. Die Chancen dafür sind noch aufrecht, weil für den Behördenwechsel eine Verfassungsbestimmung und damit die Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig ist.“

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