AK-Präsident Kalliauer:Kurios – Unternehmen rufen nach Fachkräften und reduzieren gleichzeitig die Ausgaben für betriebliche Weiterbildung deutlich

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer OÖ
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer OÖ

Einen Teilnahmerekord der österreichischen Beschäftigten an betrieblicher Weiterbildung meldet die EU-weite Fortbildungsumfrage CVTS. Allerdings hat sich nur die Zahl der Teilnehmer/-innen massiv erhöht, die Zahl der Kursstunden nur mäßig. Der Hintergrund: Sowohl die Betriebe als auch die öffentliche Hand fahren ihre finanziellen Förderungen stark zurück. „Die Beschäftigten haben sich mehr verdient, sie sind enorm weiterbildungsbereit“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Er fordert die Rücknahme der Kürzung des OÖ Bildungskontos, ein Qualifizierungsgeld für mehrjährige Aus- und Weiterbildungen sowie eine Woche Bildungsfreistellung pro Jahr.

Alle fünf Jahre werden in allen EU-Staaten in Unternehmen ab zehn Beschäftigten aus dem Produktions- und Dienstleistungsbereich Daten zur betrieblichen Weiterbildung erhoben. Die gerade veröffentlichte Umfrage Continuing Vocational Training Survey (CVTS 5 mit Daten aus dem Jahr 2015) meldet einen Teilnahmerekord der österreichischen Beschäftigten an betrieblicher Weiterbildung. Zirka 970.000 Teilnahmen bedeuten gegenüber 2010 eine Steigerung um 42 Prozent. Allerdings: Die Zahl der Kursstunden hat sich im selben Zeitraum um lediglich sieben Prozent erhöht. Das heißt, die Schulungsdauer pro Kursbesucher/-in ist deutlich zurückgegangen. Auch die Ausgaben der Betriebe für Weiterbildung sind von 2.037 Euro auf 1.365 Euro pro Teilnehmer/-in und Jahr um zirka ein Drittel gesunken. „Es ist schon kurios, wenn die Wirtschaftstreibenden lautstark nach Facharbeitern rufen und gleichzeitig die innerbetriebliche Qualifizierung erheblich zurückfahren“, meint AK-Präsident Kalliauer.

Dazu kommt, dass Unternehmen bei der betrieblichen Weiterbildung vielfach nur bereits gut bis bestens ausgebildete Mitarbeiter/-innen fördern. Laut Statistik Austria beläuft sich der Anteil der Beschäftigten, die diese Angebote beanspruchen können, auf nur 45 Prozent. Berufliche Weiterbildung ist also überwiegend Privatsache: Arbeitnehmer/-innen, die sich weiterbilden möchten – und dazu sind sehr viele bereit –, müssen vielfach die Kosten dafür selber tragen und ihre Freizeit dafür opfern. Den Profit aus guter Qualifikation schlägt aber nicht nur die oder der Einzelne, sondern auch die Arbeitgeber, die Wirtschaft und die Gesellschaft.

Der AK-Präsident beanstandet aber nicht nur die mangelhafte Unterstützung der hohen Weiterbildungsbereitschaft der Arbeitnehmer/-innen durch die heimischen Unternehmen. Als Schlag ins Gesicht der Beschäftigten empfindet er auch die überfallsartige Kürzung der Förderungen für Aus- und Weiterbildung im Rahmen des OÖ Bildungskontos durch die Landesregierung um fast die Hälfte – von ursprünglich 50 auf mittlerweile 30 Prozent. „Diese Rotstiftpolitik ist angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung einfach der falsche Weg“, kritisiert Kalliauer. Er fordert neben der Rücknahme der Kürzungen des OÖ Bildungskontos die Einführung eines bundesweiten Qualifizierungsgeldes für mehrjährige Aus- und Weiterbildungen zur Deckung der Lebenshaltungskosten sowie einen Rechtsanspruch auf eine Arbeitswoche Weiterbildung pro Jahr.

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