Traumberg Traunstein

Auf dem Fotoist der Autor selbst (vorne) bei einer Winterbesteigung zu sehen. -- Foto: Colorama-Verlag
Auf dem Fotoist der Autor selbst (vorne) bei einer Winterbesteigung zu sehen. -- Foto: Colorama-Verlag

Christoph Mizelli präsentiert einen zweiten Band mit Berg- und Lokalgeschichte(n), wie man sie packender nicht erzählen kann.

Christoph Mizellis Traunstein-Dramen-Band „Mythos Traunstein“ ist ein Bestseller, der schon die vierte Auflage erreicht hat. Auch die dazugehörige Ausstellung im Seeschloss erweist sich seit Jahren als Publikumsmagnet.  Doch „Mythos Traunstein“ zeigt vor allem die Schattenseiten, die Schrecken des Wächters des Salzkammerguts.
Der Bergretter, Rechtsanwalt und Ausstellungsmacher aus Gmunden hat deshalb ein zweites Mal recherchiert. Er hat faszinierendes Bildmaterial gesammelt und sich wochenlang in Archive und Chroniken vertieft, weil er nun auch die schönsten Seiten des „Traumbergs“ vieler zeigen will. 160 Seiten sind es geworden. Die literarisch-fotografische Neuvermessung des Traunsteins, die auf packende Weise ins Detail und in die Tiefe geht, ist soeben im Salzburger Colorama-Verlag erschienen.
Arnold Schönberg komponierte ins Gipfelbuch
Mizelli präsentiert den „Stoa“ als Fotomodell in allen erdenklichen Stimmungen. Er schildert die Reize aller Anstiege und porträtiert die ortstypischen Wildtiere vom Schneehasen bis zum „Bergstutzen“, der schwarzen Kreuzotter.
Der Leser blättert mit ihm durch „Gipfelbuch-Geschichten“ , findet etwa einen faszinierenden Eintrag von Arnold Schönberg, der 1907 ins Buch hinein eine musikalische Miniatur komponierte.
Hans Hernler – Pionier und Wutbürger
Eine lokalgeschichtliche Kostbarkeit stellt die Vita des Traunstein-Enthusiasten und „Wutbürgers“ Hans Hernler († 1933) dar. Dieser, ein Gmundner Lederhändler,  stand vor Gericht, weil er ständig unerlaubt herumkletterte und gegen die Obrigkeit Gstanzeln sang. Hernler hielt sich sogar einen gezähmten Geier, den er unerlaubt aus einem Nest am Zielersteig entführt hatte. Er bewältigte alle bekannten 16 Traunsteinrouten, acht davon als Erstbegehungen. Hernler rettete aber auch den Gmundner Bürgermeister Ferdinand Krackowizer, als sich dieser 1902 am Mont Blanc schwer verletzte.
Mizelli erzählt, wie Kaiser Franz Josef 30 Jahre stur blieb und die Errichtung von Traunsteinhütten in seiner Jagd untersagte, dem „Leibgehege seiner Vorfahren seit dem Erstbesteiger Kaiser Maximilian. Daran knüpft der Autor  die  Geschichte der Gmundner Alpinvereine und ihrer Hütten oder auch die des Heimkehrerkreuzes auf dem Gipfel. Wir lernen die Draufgänger der Gmundner Klettererszene der 1920er Jahre kennen und den unverwüstlichen Bruno Wintersteller, der ein Siebentausender- und Matterhorn-Bergsteiger und Kletterer blieb, obwohl ihm nach einem Skiunfall ein Bein amputiert worden war.
Der Fluch der weißen Gams
Ohne Drama kommt natürlich auch „Traumberg Traunstein“ nicht aus, denn in Mizelli steckt ein Journalist. Er spürt und weiß, was fesselt. So erfahren wir, dass einst sowohl Kronprinz Rudolf am Traunstein als auch Thronfolger Franz Ferdinand am Hochkönig je eine weiße Gams erlegten.  Das gilt als Tabu in Jägerkreisen, weil man sich damit angeblich einen tödlichen Fluch einhandelt. Aberglaube? Nun ja, das grauenhafte Ende der beiden Habsburger besagt etwas anderes.
Sogar bei Gericht hat Mizelli bizarre Traunstein-Fälle ausgehoben, einen über den angeblich vertauschten Kopf einer Bergtoten, einen Zyankali-Selbstmord am „Stoa“  oder einen frühen Schadenersatzprozess, bei dem ein tödlicher Absturz 1969 dem Steigerhalter angelastet wurde.
Im abschließenden „Bergsport – quo vadis“  merkt man, dass der jährlich größer werdende Ansturm auf den Traunstein Christoph Mizelli Sorgen bereitet und dass er mit jenen nicht sympathisiert, die den Berg vorwiegend zur Selbstdarstellung in den Sozialen Medien benützen.



Buchpräsentation mit alpinen Kurzfilmen
Samstag, 15. 8., 19.30 Uhr, Stadttheater Gmunden

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