AK-Kalliauer: „Arbeitslosengeld ist Versicherungsleistung der Arbeitnehmer und muss dauerhaft erhöht werden“

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer © F. Stöllinger, Arbeiterkammer Oberösterreich
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer © F. Stöllinger, Arbeiterkammer Oberösterreich

Wenn es nach Martin Kocher geht, soll es nach der Corona-Krise weniger Arbeitslosengeld geben. Der neue Arbeitsminister tritt dafür ein, die Bezugshöhe mit der Dauer der Arbeitslosigkeit zu senken – auch unterhalb der aktuell geltenden 55 Prozent des vorigen Nettoeinkommens. „Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und keine von der Politik gewährte ‚Entschädigung‘. Gerade für Langzeitarbeitslose das ohnehin zu niedrige Arbeitslosengeld zu kürzen, kommt einer Bestrafung gleich. Je länger jemand eine Arbeit sucht, desto geringer sind die Chancen, einen Job zu finden. Die Lebenshaltungskosten bleiben für den Betroffenen aber gleich“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.

Die Arbeiterkammer OÖ fordert von der Bundesregierung Maßnahmen, damit Arbeitsplätze geschaffen werden können. Auch die AMS-Personalsituation muss verbessert werden. Genauso ist es unerlässlich, das Arbeitslosengeld auf mindestes 70 Prozent des vorigen Nettolohns anzuheben. „Ein dauerhaft höheres Arbeitslosengeld ist gerade jetzt vernünftig, da es Armut reduziert und die Kaufkraft erhöht, was wiederum die Nachfrage in der Wirtschaft stärkt“, so der AK-Präsident. Um die Arbeitslosigkeit tatsächlich zu senken, braucht es in Österreich offene Stellen mit zumutbaren Arbeits- und Einkommensbedingungen für alle Jobsuchenden. Das war leider auch vor der Corona-Krise nicht der Fall.

Je länger Betroffene arbeitslos sind, desto mehr müssen sie ihre Ansprüche reduzieren, weil der Entgeltschutz zunehmend wegfällt. In den ersten vier Monaten sind für eine Job-Annahme noch zumindest 80 Prozent des vorherigen Einkommens zumutbar, dann bis Ende des Arbeitslosengeld-Bezugs nur mehr zumindest 75 Prozent. Und für jene Jobsuchenden, die Notstandshilfe beziehen, gibt es gar keinen Entgeltschutz mehr. Und Minister Kocher möchte das mit einer „degressiven“, also mit der Dauer sinkenden, Höhe des Arbeitslosengeldes noch verschärfen.

Das Arbeitslosenversicherungsgesetz (ALVG) enthält übrigens nicht nur Paragraphen zur Höhe und Dauer der Leistung. Es gibt auch strenge Zumutbarkeitsbestimmungen bis hin zu Sanktionen. Wenn einzelne Arbeitslose nicht ernsthaft genug nach einem neuen Job suchen, gibt es vorübergehende oder sogar dauerhafte Bezugssperren. „Warum soll vielen Jobsuchenden, die pflichtgemäß nach Arbeit suchen, Geld weggenommen werden? Minister Kocher neigt offenbar dazu, alle Arbeitslosen pauschal zu verdächtigen“, sagt Kalliauer. Man entziehe ja auch nicht allen Unternehmen einer Branche die Gewerbeberechtigung, nur weil einzelne Betriebe massiv bzw. dauerhaft gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßen.

Um Arbeitslose schnell wieder in Beschäftigung zu bringen oder zumindest rasch Vermittlungshemmnisse festzustellen und diese zu bearbeiten, muss die Betreuungsintensität und - Qualität für die Arbeitssuchenden erhöht werden. Das gilt auch für die Betreuung der Unternehmen. In diesem Sinn müsse sich der neue Arbeitsminister dringend für mehr Personal beim AMS einsetzen. Aufgabe von Kocher wäre es auch, auf Unternehmen einzuwirken, die Beschäftigte vorübergehend beim AMS „zwischenparken“ und je nach Auftragslage einstellen oder kündigen. Kalliauer: „Die Beitragshöhe muss vom Verhalten des Unternehmens abhängig sein. Wer regelmäßig kündigt, soll mehr einzahlen.“

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