Langzeitarbeitslosigkeit: Arbeitsklima Index zeigt Versagen von Bund und Land schonungslos auf

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer © F. Stöllinger, Arbeiterkammer Oberösterreich
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer © F. Stöllinger, Arbeiterkammer Oberösterreich

Die Corona-Krise verfestigt Langzeitarbeitslosigkeit und droht in eine soziale Misere zu münden. Eine aktuelle Sonderauswertung des Arbeitsklima Index zeigt das politische Versagen von Bund und Land schonungslos auf: Arbeitslose kommen mit dem Arbeitslosengeld kaum aus, leiden unter hohen psychischen Belastungen und verlieren den gesellschaftlichen Anschluss. Mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit steigen soziale Isolation, Depressionen und Resignation. „Das ist ein gesellschafts- und demokratiepolitisches Alarmsignal“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Er fordert wirksame Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit.


Aktuell sind bundesweit mehr als 433.000 Menschen arbeitslos oder in Schulung (OÖ: rund 46.200). Mehr als jede/r dritte Arbeitslose ist langzeitarbeitslos (148.436) – also seit mindestens zwölf Monaten auf Jobsuche. Alleine in Oberösterreich sind es 13.458 Menschen. Wie es ihnen geht, zeigt eine Sonderauswertung des Arbeitsklima Index. Fazit: 18 Prozent der Arbeitslosen sind mit dem Leben unzufrieden, bei den Langzeitarbeitslosen sind es sogar 31 Prozent, bei den Erwerbstätigten vier Prozent.


82 Prozent der Arbeitslosen sagen, dass sie mit dem Arbeitslosengeld gerade oder gar nicht auskommen, bei den Langzeitarbeitslosen sind es sogar 94 Prozent. Mit einer Nettoersatzrate von 55 Prozent des zuletzt bezogenen Lohns ist das Arbeitslosengeld in Österreich viel zu niedrig. Mit der Notstandshilfe sinkt das Einkommen nochmals ab – das führt viele Arbeitslose direkt in die Armut. Laut Arbeitsklima Index sind 28 Prozent der Arbeitslosen mit ihrer sozialen Absicherung unzufrieden, bei den Erwerbstätigen sind es sieben Prozent.


Arbeitslosigkeit macht aber nicht nur arm, sondern auch krank. 13 Prozent der Arbeitslosen schätzen die eigene gesundheitliche Verfassung als schlecht bis sehr schlecht ein. Mit Dauer der Arbeitslosigkeit verdoppelt sich dieser Anteil auf 27 Prozent. Von den Erwerbstätigen sagen vier Prozent von sich, eine schlechte gesundheitliche Verfassung zu haben. Arbeitslose klagen deutlich häufiger über Kopfschmerzen und Migräne, Schlafstörungen, Nervosität oder hohen Blutdruck. 13 Prozent der Arbeitslosen geben an, häufig bis sehr häufig unter Angst- und Beunruhigungszuständen zu leiden – Frauen doppelt so häufig als Männer.


Elf Prozent der Arbeitslosen sind von Depressivität geplagt, 17 Prozent durch Entfremdung belastet – diese drückt den Umstand aus, sich von gesellschaftlichen Abläufen und Entwicklung entkoppelt zu fühlen, nicht mehr mithalten zu können oder das Gefühl zu haben, den Anschluss zu verlieren. Zehn Prozent der Arbeitslosen sind von sozialer Isolation stark belastet, was zeigt, dass die Arbeitswelt nach wie vor ein Ort der sozialen Integration ist. Der Verlust dieser Integration verursacht langfristig einen Sinnverlust im Leben und führt zu Resignation und Entfremdung. Auch hier sind Frauen und Langzeitarbeitslose stärker betroffen.


Um die – in jeder Hinsicht – dramatische Situation und die sich abzeichnende soziale Misere zu verhindern, ist rasches und entschlossenes Handeln der Politik auf Bundes- und Landesebene dringend nötig. Das angekündigte „Programm Sprungbrett“ des Bundes kommt spät und ist wenig ambitioniert. Vielmehr braucht es eine echte Offensive gegen Langzeitarbeitslosigkeit, wo neue Jobs entstehen, die großen sozialen und ökologischen Bedarfe gedeckt sowie die Gemeinden entlastet werden. Eine Jobgarantie für ältere Langzeitarbeitslose im öffentlichen oder gemeinnützigen Sektor könnte dies leisten.


„Das Arbeitslosengeld muss auf mindestens 70 Prozent des vorherigen Nettoeinkommens erhöht werden“, fordert AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer. Davon profitieren alle: „Es vermeidet Armut, steigert die Kaufkraft, verbessert die Auftragslage der Betriebe und schafft Jobs“, erklärt Kalliauer.


Das Land Oberösterreich setzt mit dem 5-Punkte-Paket einen Schritt in die richtige Richtung. Aber auch das ist zu wenig. „Es sollen bis zu 1.000 Langzeitarbeitslose in den Gemeinden beschäftigt werden – wir müssen aber in den nächsten zwei Jahren rund 4.000 Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt integrieren“, sagt der AK-Präsident.

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