56 oberösterreichische Gemeinden haben 1A-Niveau – neuer AK-Kinderbetreuungsatlas zeigt aber auch Mängel auf

AK-Vizepräsidentin Elfriede Schober und AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer präsentieren den neuen AK-Kinderbetreuungsatlas 2021 © Wolfgang Spitzbart, Arbeiterkammer Oberösterreich
AK-Vizepräsidentin Elfriede Schober und AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer präsentieren den neuen AK-Kinderbetreuungsatlas 2021 © Wolfgang Spitzbart, Arbeiterkammer Oberösterreich

Der AK-Kinderbetreuungsatlas schafft jährlich einen umfassenden Überblick über das Betreuungsangebot in Oberösterreichs Krabbelstuben, Kindergärten, Horten und Volksschulen. Fazit der neuesten Gemeindebefragung: Obwohl es im Vergleich zur letztmaligen Erhebung punktuell Verbesserungen gibt, ist es nach wie vor nicht selbstverständlich, Beruf und Familie problemlos vereinbaren zu können. „In manchen Regionen gibt es allerdings noch viel zu tun. Wir brauchen flächendeckend qualitativ hochwertige, ganztägig und ganzjährig geöffnete Kinderbetreuungseinrichtungen“, so AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.


Erstmals ermittelten Experten/-innen des Instituts für empirische Forschung (IFES) und der AK Oberösterreich gemeinsam die aktuellen Angebote. Bewertet wurden Öffnungszeiten, Mittagessen, Sommerbetreuung und Schließzeiten. Dabei wurden drei Altersgruppen – Unter-Dreijährige, Drei- bis Sechsjährige und Volksschulkinder – gesondert betrachtet und diverse Zusatzangebote (Gesunde Jause, Zivildiener-Einsatz, Naturerleben-Projekte, Integration usw.) berücksichtigt – in Summe gibt es zwölf Kriterien. Gemeinden, die zumindest elf Kriterien erfüllen, sind 1A-Gemeinden. Sie ermöglichen Eltern mit Kindern in alle Altersgruppen, problemlos einer Vollzeit-Arbeit nachzugehen. Wer neun oder zehn Kriterien erreicht, schafft die Kategorie „A“. Kommunen mit sieben bzw. acht positiven Kriterien erhalten ein „B“, fünf bzw. sechs ergeben ein „C“. Gemeinden mit drei bzw. vier positiven Kriterien bekommen ein „D“. Weniger als drei bedeuten ein „E“.


30 Prozent mehr „1A“-Gemeinden, Anzahl der „E“-Gemeinden wuchs um fast zehn Prozent

402 der 438 oberösterreichischen Gemeinden – das sind rund 92 Prozent – beteiligten sich an der Erhebung, die zwischen Oktober 2020 und Mai 2021 durchgeführt wurde. Das Resultat ist zwiespältig. Einerseits stieg die Zahl der 1A-Gemeinden von 43 auf 56 (+ 30,2 Prozent), andererseits aber auch die Zahl jener Gemeinden, die über ein nur unzureichendes Betreuungsangebot verfügen (Kategorie „E“) von 32 auf 35 (+ 9,4 Prozent).


Die 56 1A-Gemeinden und 98 Gemeinden der Kategorie „A“ verfügen über ein sehr gutes Kinderbetreuungsangebot. Das sind rund ein Drittel (35,2 Prozent) aller oberösterreichischen Gemeinden. Der Bezirk mit den (prozentuell) meisten 1A-Gemeinden ist Linz-Land (inkl. Linz-Stadt). Hier erfüllen zwölf der 23 Bezirksgemeinden (52,2 Prozent) die Kriterien für die bestmögliche Kategorie. An zweiter und dritter Stelle folgen die Bezirke Eferding mit 25 Prozent und Gmunden mit 20 Prozent. Im Gegensatz zur Erhebung von 2019 gibt es diesmal in jedem Bezirk zumindest eine 1A-Gemeinde. Am geringsten sind die Anteile an 1A-Gemeinden in den großen Bezirken Vöcklabruck und Rohrbach – hier erreichte jeweils nur eine einzige Gemeinde die höchste Kategorie.


Über den prozentuell höchsten Anteil an A-Gemeinden kann man sich im Bezirk Gmunden freuen. Dort schafften neun von 20 Gemeinden eine „A“-Bewertung. Je 85 oberösterreichische Gemeinden erfüllten die Kriterien für „B“ und „C“ und 57 Gemeinden (13 Prozent) bekamen ein „D“. 35 oberösterreichische Gemeinden (acht Prozent) mussten als E-Gemeinde eingestuft werden. Die prozentuell meisten Gemeinden in der niedrigsten Kategorie sind im Bezirk Perg zu finden (23,1 Prozent). Keine einzige E-Gemeinde gibt es in den Bezirken Linz-Land (inkl. Linz-Stadt), Urfahr-Umgebung und Grieskirchen.


Angebot für Unter-Dreijährige ist ausbaufähig

Aufgeschlüsselt nach den einzelnen Alterskategorien zeigt sich, dass es besonders Eltern mit ganz jungen Kindern in Oberösterreich teilweise sehr schwer haben, Kinderbetreuung und Beruf zu vereinbaren. Bei den Unter-Dreijährigen gibt es nur 20 1A-Gemeinden im ganzen Bundesland (4,6 Prozent), die Eltern ein vollzeittaugliches Angebot anbieten. Das sind nur um fünf Gemeinden bzw. 1,2 Prozentpunkte mehr als 2019. Einzig der Bezirk Linz-Land (inkl. Linz-Stadt) überspringt hier die Zehn Prozent-Marke.


Im Gegensatz dazu stieg die Zahl der Gemeinden mit kaum oder gar keinem Kinderbetreuungsangebot für Unter-Dreijährige gleich um 26,7 Prozent an. 57 oberösterreichische Kommunen haben für diese Altersgruppe keine oder nur unzureichende Angebote. Im Bezirk Rohrbach ist fast ein Drittel aller Gemeinden (zwölf von 37) bei den Unter-Dreijährigen in der niedrigsten Kategorie platziert.


Gutes Angebot für Drei- bis Sechsjährige

Die Betreuungssituation für die Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen kann hingegen als recht gut eingestuft werden. 121 Gemeinden erreichten hier die beste Kategorie „1A“ – 2019 waren es nur 96. Im Bezirk Linz-Land (mit Linz-Stadt) betrug der Anteil der 1A-Gemeinden in dieser Altersgruppe sogar 69,6 Prozent, im Bezirk Eferding 66,7 Prozent. Auf der anderen Seite mussten 39 Gemeinden (8,9 Prozent) mit der Kategorie „E“ vorliebnehmen.


Solide Betreuungssituation für Volksschulkinder

Sehr unterschiedlich stellt sich das Betreuungsangebot für Volkschulkinder in den einzelnen Bezirken dar. Oberösterreichweit erfüllen 84 Gemeinden (19,2 Prozent) die Kriterien für eine „A“-Bewertung – 29 mehr als bei der letztmaligen Erhebung. Während in den Bezirken Linz-Land (inkl. Linz-Stadt) und Urfahr-Umgebung keine einzige E-Gemeinde vorhanden ist, erfüllte mehr als ein Viertel der Gemeinden im Bezirk Rohrbach keines der geforderten Kriterien.


Hohe Beteiligung an Erhebung

Alle Gemeinden konnten bei der Erhebung die Daten online eingeben oder ein Erhebungsblatt ausfüllen. 402 der 438 oberösterreichischen Gemeinden beteiligten sich an der Erhebung, in fünf Bezirken sogar lückenlos. 36 Gemeinden (8,2 Prozent) – davon allein 16 aus dem Bezirk Ried – gaben ihre Daten zur Kinderbetreuung nicht an die Arbeiterkammer Oberösterreich weiter.


Die detaillierten Ergebnisse für jede einzelne Gemeinde sind unter kba.arbeiterkammer.at/ auch smartphone-tauglich abrufbar.


Notwendige Maßnahmen für eine optimale Vereinbarkeit von Familie und Beruf


Das Resümée der Erhebung: Gerade bei den Unter-Dreijährigen und bei der Nachmittagsbetreuung in Landgemeinden gibt es in Oberösterreich viel Luft nach oben. Von Investitionen in Elementarbildung profitieren Eltern und Wirtschaft. Mit gut ausgebauter Kinderbetreuung kehren Eltern schneller an den Arbeitsplatz zurück und sind zeitlich flexibler. Der Vorteil für die Arbeitnehmer/-innen: Sie bekommen die Chance auf stabile Erwerbskarrieren und später eine höhere Pension. Investitionen in die Elementarbildung sind damit ein Beschäftigungs- und Konjunkturmotor. „Wir wollen nicht nur einen quantitativen Ausbau, sondern beste Bedingungen für unsere Kinder und die Beschäftigten in der Kinderbildung und -betreuung“, betont AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.



Für ein besseres Kinderbetreuungsangebot, das Familie und Beruf optimal vereinbaren lässt, sind daher aus AK-Sicht folgende Maßnahmen notwendig:


Flächendeckend qualitativ hochwertige, ganztägig und ganzjährig geöffnete Kinderbetreuungseinrichtungen


Nachhaltige, finanzielle Sicherstellung für Kinderbetreuungs-einrichtungen
Eine zeitgerechte, professionelle und verpflichtende Bedarfserhebung in allen oberösterreichischen Gemeinden und Bezirken


Schaffung eines bundeseinheitlichen Qualitätsrahmenplanes für Krabbelstuben, Kindergärten und eine Qualitätsoffensive in Form von umfassender Sprachförderung bereits für die Kleinen


Rücknahme der Elternbeiträge für Nachmittagsbetreuung zur finanziellen Entlastung


Einführung eines zweiten verpflichtenden und kostenlosen Kindergartenjahres für alle Kinder



Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen Betreuungsplatz ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Ende der Sekundarstufe I.


Ferienbetreuung für Schulkinder für zumindest sechs Wochen



Mehr qualifiziertes Personal und eine Ausbildungsoffensive für Elementar-pädagogInnen


Das Ziel: Ab 2025 soll jedem Kind ab dem 1. Geburtstag ein hochwertiger, ganztägiger, ganzjähriger Betreuungsplatz zur Verfügung stehen.


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