Karriere mit Lehre?

AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer OÖ
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer - Foto Arbeiterkammer OÖ

Die duale Ausbildung ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren der österreichischen Wirtschaft. Lehrlinge und Beschäftigte mit Lehrabschluss sind überdurchschnittlich zufrieden mit ihrer Arbeit, ihrem Leben sowie mit ihren Rechten und ihrer sozialen Position. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Österreichischen Arbeitsklima Index. Aber immer weniger Unternehmen bilden junge Menschen aus. Gleichzeitig klagen sie über einen Mangel an Fachkräften. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert daher die Unternehmen auf, wieder mehr Lehrlinge auszubilden und die Fachkräfte besser zu bezahlen, um Anreize für junge Menschen zu schaffen, in eine Lehrausbildung zu starten.

Das Ranking der beliebtesten Lehrberufe hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert. Bei den Mädchen sind das nach wie vor Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau und Friseurin. Bei den Burschen rangieren Kfz-Technik, Elektrotechnik und Metalltechnik auf den ersten drei Plätzen. Burschen beklagen während der Lehrzeit körperlich belastende Arbeitsbedingungen, erfreuen sich aber in höherem Maße als Mädchen an der Höhe ihrer Lehrlingsentschädigung und ihren künftigen Aufstiegschancen.

Beschäftigte mit Lehrabschluss in den gängigen Lehrberufen sind mit ihrem Leben, ihrer Arbeit, dem Einkommen und den Rechten als Arbeitnehmer/-innen leicht überdurchschnittlich zufrieden. Spannender ist hier schon ein Blick auf die untypische Berufswahl: Erlernen Männer einen Frauenberuf, so sind sie später zufriedener als Frauen, aber auch als Männer in Männerdomänen – was wohl daran liegt, dass Männer in Frauenbranchen häufig zu Führungskräften ernannt werden. Sie verdienen dort auch um rund 400 Euro netto mehr als ihre weiblichen Kolleginnen. Umgekehrt sind auch Frauen in Männerdomänen zufriedener als in traditionellen Frauenjobs, weil sie dort mehr verdienen und bessere Entwicklungsmöglichkeiten vorfinden. Allerdings ist jede fünfte Frau mit Lehrabschluss in einem klassischen Männerberuf mit der Beziehung zu den Kollegen nur mittel bis gar nicht zufrieden.

Im Vergleich zu Berufstätigen mit maximal Pflichtschulabschluss sind Lehrabsolventen/-innen generell in allen Subdimensionen des Arbeitsklima Index zufriedener. Bei den Karrierechancen um 14 Punkte, beim Einkommen, der allgemeinen Berufszufriedenheit und bei den eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt um jeweils zwölf Punkte. Fast zwei Drittel sind zufrieden mit ihrem Einkommen – bei Personen mit maximal Pflichtschule sind es nur 44 Prozent.

Dementsprechend kommen 95 Prozent der Fachkräfte mit ihrem Einkommen über die Runden – bei 19 Prozent der Ungelernten reicht das Einkommen hingegen nicht aus. Dazu kommt, dass Personen mit abgeschlossener Lehre ihre Arbeitsplätze als sicherer beurteilen, mit ihren Rechten als Arbeitnehmer/-innen und ihrer sozialen Position zufriedener sind als jene, die maximal die Pflichtschule absolviert haben.

„Die Lehre ist einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren der österreichischen Wirtschaft. Aber immer weniger Betriebe bilden junge Menschen zu Fachkräften aus“, stellt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fest. Zwischen 1980 und 2018 ist die Zahl der Lehrlinge in Österreich von mehr als 194.000 pro Jahr auf weniger als 108.000 gesunken. Inzwischen gibt es hierzulande mehr als 3,5 Mal mehr Studierende als Lehrlinge. Das alleine ist aber nicht der Grund für den eklatanten Rückgang bei der dualen Ausbildung: Auch die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist drastisch gesunken – von 2002 (38.999 Betriebe) bis 2018 (28.970) um 26 Prozent. „Gleichzeitig klagen viele Unternehmen über einen angeblichen Mangel an Fachkräften. Dabei ist dieses Problem hausgemacht, weil die Betriebe mit ihrer Untätigkeit selbst ihren eigenen Mangel produzieren. Und sie berauben tausende junge Menschen einer Chance auf ein gutes und erfülltes Berufsleben“, sagt der AK-Präsident und fordert gleichzeitig die Unternehmen auf, der dualen Berufsausbildung wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken und die Fachkräfte besser zu bezahlen, damit die Lehre für junge Menschen wieder attraktiver wird.

Der Österreichische Arbeitsklima Index misst und beschreibt seit 22 Jahren vierteljährlich die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen aus Sicht der Arbeitnehmer/-innen. Alle Infos zum Arbeitsklima Index, der von SORA und IFES im Auftrag der AK Oberösterreich erhoben wird, finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/arbeitsklima

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