Neuberechnung Jugend-Arbeitslosenquote: 16 statt neun Prozent!

„Trotz der schwersten Arbeitsmarktkrise in der Zweiten Republik gibt es kaum Maßnahmen gegen Jugend-Arbeitslosigkeit. Dass die Betroffenen mittlerweile in die Langzeit-Arbeitslosigkeit rutschen, ist ein Skandal! Ich erwarte mir mehr Engagement von Landes- und Bundespolitik. Wir brauchen ein wirksames Gesamtkonzept für Junge“, fordert AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer, der zudem kritisiert, dass in der traditionellen Berechnungsmethode die Jugend-Arbeitslosenquote deutlich unterschätzt wird.


Wird nämlich das gesamte Ausmaß bei den unter 25-Jährigen berücksichtigt, beträgt die Quote bundesweit rund 16 statt neun Prozent und in Oberösterreich mehr als zehn statt nur sechs Prozent. Nach traditioneller „nationaler“ Definition ist eine Person arbeitslos, wenn sie keine über eine geringfügige Beschäftigung hinausgehende Arbeit ausübt, sich beim AMS als arbeitssuchend gemeldet hat, das AMS einen Arbeitsvermittlungsauftrag erteilt und die Person damit dem Arbeitsmarkt unmittelbar zur Verfügung steht. Als nicht arbeitslos gelten Personen, die an einer Schulungsmaßnahme teilnehmen, weil angenommen wird, dass sie während der Schulung für eine Berufstätigkeit nicht verfügbar sind. Nicht als arbeitslos gelten zudem jene, die vom AMS als lehrstellensuchend kategorisiert sind. Das mag für einen Teil zutreffen. Aber: „Viele der betroffenen Jungen würden sofort mit einer Arbeit beginnen, sollten sie eine Chance bekommen. Nicht nachvollziehbar ist, warum Lehrstellensuchende, die ja sofort verfügbar sind, in der Jugend-Arbeitslosenquote nicht vorkommen“, sagt Kalliauer.


Unter Einbeziehung aller bundesweit rund 75.700 Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen unter 25 Jahren, die entweder arbeitslos sind, sich in einer Schulung befinden oder auf Lehrstellensuche sind, springt die Jugend-Arbeitslosenquote von neun auf rund 16 Prozent. In Bundesländern mit hoher Schulungsintensität ist der Unterschied noch ausgeprägter. Aber auch in Oberösterreich mit im Februar 9.507 Betroffenen steigt die Quote von sechs auf mehr als zehn Prozent. Kalliauer: „Das ist noch vorsichtig gerechnet, da dabei jene Schülerinnen und Schüler sowie Studierende, die eigentlich gerne arbeiten würden, aber wegen fehlender Jobs im Bildungssystem bleiben, nicht eingerechnet sind.“


Es ist ein neues Phänomen in Österreich, dass junge Menschen dauerhaft vom Arbeitsmarkt ausgegrenzt sind. „Das ist ein Politikversagen erster Klasse! Wir schlittern hier auf ein Problem zu, das schwer wieder in den Griff zu bekommen ist“, ist AK-Präsident Kalliauer empört. Im Februar 2021 waren bereits mehr als 6.300 Junge unter 25 langzeitbeschäftigungslos! Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Anstieg um fast 2.600 Jugendliche (+69 Prozent). Alleine in Oberösterreich sind 653 Junge langzeitbeschäftigungslos (+57,7 Prozent).


Landes- und Bundespolitik sind gefordert, rasch ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit vorzulegen. Die Arbeiterkammer OÖ fordert:

AMS-Schulungen und überbetriebliche Lehre müssen ausgebaut werden.
Ausbildungspflicht bis 18 Jahre optimieren: tatsächlich sollen alle Jugendlichen eine Ausbildung machen. Hilfsarbeit bei Minderjährigen darf es nicht geben.
Ausbildungsgarantie für junge Erwachsene zwischen 20 und 24 Jahren. Spätestens nach vier Monaten Arbeitslosigkeit sollten alle jungen Erwachsenen ein Angebot vom AMS für eine Schulung oder einen Job bekommen. Die Kürzung der Ausbildungsbeihilfe von 792 Euro auf 343 für junge Erwachsene in überbetrieblichen Lehrausbildungen ist zurückzunehmen.
Konjunkturbelebende Maßnahmen, die auch (Jugend-)Beschäftigung steigern.
Aussagekräftige Datengrundlagen: Berechnung der gesamten Jugend-Arbeitslosenquote mit Schulungsteilnehmern/-innen und Lehrstellensuchenden. Monatliche Erhebung der Anzahl der Jungen, die sich vom Arbeitsmarkt zurückziehen und keinen Kontakt (mehr) zum AMS haben.

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