Anstellungsmodell für pflegende Angehörige und Demenzkompetenzzentrum für Oberösterreich

Sozial-Landesrätin Birgit GERSTORFER:
Sozial-Landesrätin Birgit GERSTORFER:

Sozial-Landesrätin Birgit GERSTORFER: Hilfsangebote erleichtern den Alltag von pflegenden Angehörigen

In Oberösterreich werden acht von zehn pflegebedürftigen Menschen von Angehörigen zuhause betreut. In der Regel sind es die Töchter und Schwiegertöchter, die zum Teil auch ihren Beruf aufgeben, um sich der Pflege ihrer Angehörigen widmen zu können. „Angehörige zu pflegen erfordert sehr viel Zeit, Geduld und Energie. Das darf keineswegs als selbstverständlich angesehen werden. Betreuende Angehörige verdienen nicht nur Anerkennung, sondern brauchen vor allem beste Unterstützung. Das Sozialressort des Landes bietet schon jetzt eine Vielzahl derartiger Angebote, weil wir wissen, dass die Menschen so lange wie möglich zu Hause bleiben wollen und pflegende Angehörige bestmöglich unterstützt werden müssen“, betont Landesrätin Birgit Gerstorfer.

68 Sozialberatungsstellen in allen Bezirken Oberösterreichs bieten kostenlose, individuelle und vertrauliche Informations- und Orientierungshilfe. Die Expertenteams in den Sozialberatungsstellen führen pro Jahr an die 90.000 Beratungsgespräche. Schwerpunkte sind finanzielle Angelegenheiten und die Themen Pflege und Betreuung.

Als wichtige Anlaufstelle für alle Fragen rund um das Thema Pflege und Betreuung wurde die Pflegehotline 051 775 775 eingerichtet. Geschulte Fachkräfte geben Auskünfte, verweisen an zuständige Stellen und Ansprechpersonen und leisten Unterstützungshilfe für jegliche Problemlagen.

Es gibt in Oberösterreich 725 Tagesbetreuungsplätze (davon 211 Plätze speziell für Menschen mit Demenz), die eine Entlastung für pflegende Angehörige bringen. Dort werden Pflegebedürftige nicht nur tage- oder stundenweise betreut, sondern gezielt gefördert. Den pflegenden Angehörigen wird dadurch wieder freie Zeit für persönliche Erledigungen oder einfach für sich selbst ermöglicht. Das Sozialressort hat 2020 den Ausbau an Tagesbetreuungsplätzen mit 1,2 Millionen Euro unterstützt.

NEU: Damit pflegende Angehörige einmal eine Auszeit genießen können, gibt es erstmalig einen Urlaubszuschuss von bis zu 225 Euro. Das Angebot gilt für Personen, die einen Angehörigen mit mindestens Pflegestufe 3 betreuen und einen Urlaub in Österreich verbringen. Seit 1. Jänner 2021 gibt es erstmals auch finanzielle Unterstützung des Landes Oberösterreich für das Angebot der Kurzzeitpflege in Alten- und Pflegeheimen. Es kann ein Zuschuss von maximal 30 Euro für jeden begonnenen Kurzzeitpflegetag beantragt werden. „Pflegende Angehörige brauchen echte Entlastungsangebote in Form von Dienstleistungen die sie in Anspruch nehmen können, weshalb der Ausbau dieser Angebote im Vordergrund steht“, so Gerstorfer. Demenzangebote flächendeckend vorhanden

Die Anzahl an pflege- und betreuungsbedürftigen Personen mit Demenz steigt. Diese können sich aufgrund ihrer besonderen Bedürfnisse nicht an ihr Umfeld anpassen, was zu schwierigen Situationen im Alltag führen kann. Um bedürfnisorientiert die Lebensqualität dieser Personen zu verbessern, ist es erforderlich, dass das Umfeld an die Menschen mit Demenz angepasst wird.

Hoher Betreuungs- und Pflegeaufwand und das Erfordernis eines entsprechenden Wohnumfeldes erschweren die Begleitung von Menschen mit Demenz in den bestehenden Strukturen und stellen Betroffene im privaten Wohnumfeld aber auch Pflege- und Betreuungspersonal in Altenund Pflegeheimen vor besondere Herausforderungen. Das Land Oberösterreich hat daher in einer Demenzstrategie Maßnahmen festgelegt, welche die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen verbessern soll. Elf Demenzservicestellen stehen für die Beratung und Unterstützung für Betroffene und Angehörigen zur Verfügung. Dort beantworten Expertinnen und Experten in einem verständnisvollen Umfeld

Fragen zur aktuellen Situation und pflegende Angehörige werden im Umgang mit den Erkrankten geschult.

Ein weiterer Schwerpunkt der „Integrierten Versorgung Demenz“ bilden demenzspezifische Angebote in allen oberösterreichischen Alten- und Pflegeheimen. In 22 davon gibt es im Sinne eines regionalen Versorgungsschwerpunktes spezielle Demenz-Wohngruppen für 8 bis 15 Bewohner/innen.

Innovative Projekte zur Weiterentwicklung der Pflege

1. Anstellungsmodell für pflegende Angehörige Die Sicherstellung der Pflege und Betreuung stellt eine enorme Herausforderung dar.


Mit der Anstellung pflegender Angehöriger soll ein innovativer Beitrag dazu geleistet werden, dass Menschen mit hohem Pflegeund Betreuungsbedarf gut im vertrauten Wohnumfeld verbleiben können. Mit dem Pilotprojekt „Anstellung betreuender Angehöriger“ erhalten Personen, die primär die Betreuung ihrer Angehörigen durchführen und daher keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können, eine Anstellung. Diese Personen absolvieren eine Grundausbildung zum/zur Alltagsbegleiter/in, welche das Modul „Unterstützung in der Basisversorgung“ beinhaltet. Das Berufsbild der Alltagsbegleitung soll noch heuer im Sozialberufegesetz des Landes Oberösterreich verankert werden, womit die berufsrechtliche Grundlage für das Anstellungsmodell in Oberösterreich geschaffen wird. Die betreuenden Angehörigen werden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben von Pflegefachkräften unterstützt und begleitet. Je nach Pflegegeldstufe des Angehörigen wird das Ausmaß des Anstellungsverhältnisses festgelegt. Die betreuenden Angehörigen leisten einen Beitrag zur Finanzierung dieses Modells aus dem Pflegegeld.

Vorteile:

? Dem vorrangigen Wunsch, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden betreut zu werden, wird Rechnung getragen.
? Betreuende Angehörige werden umfassend sozialversicherungsrechtlich abgesichert. Sie befinden sich in einem Dienstverhältnis, verlieren keine Pensionsjahre, müssen nicht auf ein Erwerbseinkommen verzichten und haben Anspruch auf Arbeitslosenentgelt.
? Betreuung und Pflege ist nach wie vor zum Großteil weiblich. Für Frauen kann eine nachhaltigere Erwerbsbiographie (Reduktion prekärer Arbeitsverhältnisse) sichergestellt werden. Die Pflege betreuender Angehöriger wird auch für Männer zu einer einkommenssichernden Tätigkeit.
? Betreuungs- und Pflegeberufe werden attraktiver und gewinnen an Stellenwert. Es wird ein Potential künftiger Betreuungs- und Pflegefachkräfte geschaffen.
? Durch die Ausbildung zur/zum Alltagsbegleiter/in wird ein nahtloser Übergang zur Höherqualifizierung in andere Sozial- und Pflegeberufe sichergestellt.
? Arbeitsplatzsicherheit: Nach Beendigung der Betreuung des Angehörigen ist aufgrund der großen Nachfrage eine weitere Beschäftigung im Alten- und Behindertenbereich möglich.

Bei dem Anstellungsmodell betreuender Angehörige wird auf die Erfahrungen des Burgenlandes zurückgegriffen. Das Modell ist sowohl für Menschen mit Beeinträchtigungen als auch für pflegebedürftige Senior/innen geeignet. In einer ersten Pilotphase ab dem Sommer sollen rund 30 Personen angestellt werden. Es wird laufend evaluiert und bei Erfolg entsprechend ausgeweitet.

Arbeitszeiten und Dienstvertrag
Im Dienstvertrag werden entsprechend der Pflegestufe der/des pflegebedürftigen Angehörigen die wöchentliche Normalarbeitszeit, das davon abhängige Entgelt, der Dienstort und der Urlaubsanspruch festgelegt.

Dienstgeber/in ist eine gemeinnützige Organisation. Der Dienstvertrag wird unter Einbeziehung von Expert/innen der Arbeiterkammer erstellt. Auf Basis der derzeitigen Planungen ist bei 38 Wochenstunden von einem Bruttogehalt von rund 1.900 Euro auszugehen. Voraussetzung für die Anstellung ist die Absolvierung der Ausbildung zur Alltagsbegleitung. Der Umfang beträgt 152 Stunden Theorie und 80 Stunden praktische Ausbildung und muss innerhalb des ersten halben Jahres nach dem Anstellungszeitpunkt erfolgt sein. Der theoretische Teil ist innerhalb der ersten zwei Monate zu absolvieren. Die Ausbildung wird vom Land Oberösterreich finanziert.

2. DemenzKompetenzZentrum für Oberösterreich
Ein eigenes DemenzKompetenzZentrum (DKZ) soll in Form eines Schwerpunkt Alten- und Pflegeheims realisiert werden. In einer optimalen Umgebung wird auf die besonderen Bedürfnisse von Personen mit Demenz eingegangen. Die von Birgit Gerstorfer im Oö. Sozialhilfegesetz realisierte Innovationsklausel bietet die notwendige gesetzliche Grundlage für den Einsatz von Mitarbeiter/innen und neue räumliche Lösungen.

Das DKZ soll ein Leuchtturm in der Betreuung und Pflege von Personen mit Demenz werden und ein ergänzendes Angebot zu bestehenden Einrichtungen und Institutionen darstellen. Forschung und Innovation im Demenzbereich sollen vorangetrieben werden. Das DKZ soll für alle Bezirke und damit für alle Rechtsträger Sozialer Hilfe und Personen in deren Wirkungsbereich in ganz Oberösterreich zur Verfügung stehen.

Das neue Leistungsangebot kann nur durch eine enge Kooperation mit Systempartnern, insbesondere mit Ärztinnen und Ärzten und anderen Berufsgruppen, die derzeit nicht primär in Alten- und Pflegeheimen arbeiten, sichergestellt werden. Dadurch können betroffene Angehörige sowie Mitarbeiter/innen in bestehenden Einrichtungen und in Krankenhäusern entlastet werden. Aus diesem Grund und aus Gründen der Erreichbarkeit soll das DKZ im Zentralraum errichtet werden, insbesondere auch deshalb, da mit der Standortwahl auch die Kooperation mit einer Gerontopsychiatrie gewährleistet ist.

Die Erkenntnisse bzw. Erfahrungen sollen den bestehenden Alten- und Pflegeheimen über eine Demenzservicestelle am Standort des DKZ zur Verfügung gestellt werden.

Weiters soll das DKZ für die Zusammenarbeit und Kooperation mit Ausbildungsstätten, Fachhochschulen und Universitäten zur Verfügung stehen.

„Mir ist es besonders wichtig, Menschen mit Demenz so lange wie möglich ein qualitätsvolles Leben in der Mitte der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Ausrollung der Demenzberatungsstellen und die Integrierte Versorgung Demenz in den Pilotaltenheimen waren wichtige Schritte, um den Betroffenen und ihren Angehörigen bestmögliche Unterstützung anzubieten. Das neue DemenzKompetenzZentrum soll neben der Betreuung von schwer demenzerkrankten Personen ein Forschungs- und Weiterbildungszentrum rund um das Thema Demenz werden und damit eine Anlaufstelle weit über den engeren Sozialbereich hinaus sein. Denn der Umgang mit Demenzerkrankungen wird eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Neben dem Ausbau der Angebote braucht es bei der Pflegegeldeinstufung von Demenzerkrankten in jedem Fall eine um eine Stufe höhere Bewertung. Das hat mehrere Vorteile: In der Betreuung zu Hause werden Demenzerkrankte finanziell bessergestellt und im stationären Bereich kann mehr Personal zur Verfügung gestellt werden“, richtet Sozial-Landesrätin Birgit Gerstorfer eine erste Forderung an den neuen Sozialminister Mückstein

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