190 Jahre Trinkhalle 1831 – 2021

Die Trinkhalle in Bad Ischl feiert heuer 190. Jubiläum © www.badischl.at
Die Trinkhalle in Bad Ischl feiert heuer 190. Jubiläum © www.badischl.at

1831 wurde die heutige Trinkhalle im Zentrum von Bad Ischl als „Wirerbad“ eröffnet. Es war der Dreh- und Angelpunkt des Kurgeschehens in Ischl.

Dr. Michael Kurz


Um 1800 rückte die wohltuende Wirkung des Salzwassers in den Mittelpunkt des medizinischen Interesses. Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten und Therapien fußten auf der Heilkraft von salzhältigem Wasser. Die Seebäder waren logischerweise nur am Atlantik oder Mittelmeer zu finden, weshalb findige Ärzte bald auf die Salzlagerstätten kamen, wo mittels Sole das Salz aus dem Berg geholt wurde. Dieses Zwischenprodukt der Salzerzeugung war genau das, was die Mediziner suchten.

Das erste Solebad entstand 1802 auf Betreiben des Arztes Johann Wilhelm Tolberg im damals preußischen Elmen, später Bad Salzelmen, heute Schönebeck bei Magdeburg.

In rascher Folge entstanden rund um die europäischen Salinen Solebäder, zuletzt 1821 im bayrischen Rosenheim. Bereits 1820 war die „Salzwasser-Therapie“ für viele Erkrankungen ein probates Mittel und medizinisches „state of the art“, die Behandlungserfolge beachtlich. Allein in Österreich ermangelte es einer solchen Einrichtung und man suchte bereits nach geeigneten Standorten.

Die Salinenärzte Dr. Wolff (Gmunden) und Dr. Goetz (Ischl) kannten die entsprechende Fachliteratur, die breit zu diesem Thema publizierte und starteten für die heimischen Salinenarbeiter entsprechende Anwendungen.

1821 reiste der Wiener Arzt Dr. Franz Wirer mit der Elite der österreichischen Ärzteschaft (Jakob Staudenheimer, Johann Malfatti und Johann Sterz) ins Salzkammergut, um sich ein eigenes Bild von den Erfolgen zu machen. Gmunden, wo Wolff arbeitete hatte jedoch den Standortnachteil, dass die Sole über den See von Ebensee hertransportiert werden musste, in Ischl war sie vor Ort.

Der Ischler Salinenkontrollor Johann Michael Tänzl konnte gewonnen werden, auf seinem neu erworbenen Grundstück (heute „Goldenes Schiff“) auf eigene Kosten und eigenes Risiko das erste Badehaus einzurichten, worin 1822 die ersten Kranken, die Wirer nach Ischl sandte, Linderung ihrer Leiden suchten.

Die Zahl der Gäste stieg sprunghaft an:



Abbildung 1: Kurgäste Ischl 1822-1831


Innerhalb von vier Jahren verzehnfachten sich die Badenden. Diese waren nicht nur wenige Tage anwesend, sondern über Wochen und Monate im Sommer, weshalb bald zusätzliche Unterkunftsmöglichkeiten geschaffen werden mussten und auch für den Zeitvertreib der Gäste zu sorgen war.

Das erste Badehaus mit seinen 25 Kabinettchen war dem Ansturm bald nicht mehr gewachsen und so erweiterte Tänzl seine Anstalt 1826 umfangreich mit einem eigenen Neubau.

Auch dieses Angebot konnte kaum genügen, weshalb Planungen für ein eigenes stattliches Solebad gemacht wurden. Auch hier war wieder Tänzl gemeinsam mit Wirer federführend.

Von 1829 bis 1831 wurde auf dem ehemaligen Grund der Familie Auböck das neue zeitgemäße Badehaus errichtet. Eine große Eröffnung gab es offenbar nicht, die einzige bekannte Festivität im Sommer 1831 war der erste Geburtstag des „Salzprinzen“, dem späteren Kaiser Franz Joseph, was eine lebenslange Beziehung begründete. Ein Reiseführer von 1838 lobte die neue Einrichtung: „Dieses Gebäude gewährt einen imposanten Anblick, und gleicht einem griechischen Tempel, dessen Decke von 54 Säulen und 8 Pilastern getragen wird. Höchste Eleganz und Bequemlichkeit wetteifern, um jeden Gaste den Aufenthalt im Bade zum angenehmsten und nützlichsten zu machen. Für jedes Bedürfnis des Badenden ist reichlich gesorgt. Im eleganten Salon findet er Zerstreuung durch Geselligkeit, Musik und Lektüre; unter den prachtvollen Collonaden ergeht er sich bei schlechtem Wetter und wird so in den Stand gesetzt, in möglichst kurzer Zeit die ihm vom Arzte verordneten Bäder zu gebrauchen.“

Das von dem Wiener Architekten Franz Lössl (1801-1885) geplante Etablissement wurde auch in der Bauzeitung 1836 als innovatives Projekt vorgestellt.


Abbildung 2: Das neue Badhaus (Allgemeine Bauzeitung 1836, Nr. 7)

Immer neue Kurtherapien wurden angewendet, westlich des Bades wurde 1838 eine Wandelhalle für Molkenanwendung gebaut, wozu vier Häuser abgerissen wurden: „Neben dem großen Badehaus ist (für die Molken trinkenden Gäste) eine breite und gedeckte Wandelbahn neu erbaut worden. Durch diese neue Einrichtung haben die Gäste die Wahl, entweder in den zwei nahen Molkengärten oder in der englischen Gartenanlage, oder auf der erhöhten neuen Säulen-Wandelbahn ihre Spaziergänge zu machen, die vor Sonne und Regen schützt und an dem Platze selbst ist, wo die Molke verabreicht wird und jeden Morgen eine Harmonie-Musik die Gäste unterhält.“

Wie bekannt überwarf sich Franz Wirer mit der Ischler Gemeinde, änderte 1844 sein Testament und führte seinen Besitzung und damit auch das Badehaus und die Wandelhalle in eine Stiftung ein.

Nachdem die hölzerne Halle bald morsch geworden war, entschieden die Verantwortungsträger, sie im Wirerbad zu integrieren und bauten westlich und östlich zwei Flügel an, das Gebäude hatte damit drei Flügel: „Es umfasst einen Mittelsaal zur Conversation und zu beiden Seiten eine Reihe von Badegemächern. Dieses Gebäude bildet jetzt den Mittelpunkt des Ganzen, und die beiden prachtvollen ausgedehnten Corridore, welche sich jetzt in Südost und Nordwest an diesen Mittelpunkt anschließen, und eine treffliche Wandelbahn bilden, sind erst 1853 vollendet worden…. Somit stellt sich nun das Ganze als Badeanstalt, Trinkkur-Anstalt und Wandelbahn in zweckmäßiger Gestaltung dar.“


Abbildung 3: Badhaus und Trinkhalle unter einem Dach (ca. 1855)

Als einige Zeit später – 1865 – der große Brand von Ischl ausbrach, wurde das Wirerbad nicht in Mitleidenschaft gezogen, während das alte Tänzlbad den Flammen zum Opfer fiel.

Das 1875 im Kurpark errichtete neue Kurhaus (damals „Neues Casino“) entwickelte sich rasch zu einem neuen Zentrum und relativierte die Bedeutung des Bades.

Ende des 19. Jhdts. konnte das Wirerbad längst nicht mehr den zeitgenössischen Ansprüchen genügen, neue Therapiezentren entstanden, so das „Bulling-Inhalatorium“ in der Kurhausstraße oder das Kurhaus „Helios“ in der Kaltenbachstraße. Diese modernen Anstalten drohten der altväterischen Wirerstiftung den Rang abzulaufen.

Um 1910 war der Reformstau unübersehbar, die so genannte „Bäderfrage“ wurde virulent. Zwar wurden regelmäßige Wartungen und Reparaturen durchgeführt, doch sah man sich einer investitionsfreudigen Konkurrenz gegenüber: Abbazia, Meran und Teplitz schufen zeitgemäße Zentralbäder, während in Ischl vier bis fünf Standorte existierten. Der Erste Weltkrieg zerschlug die Pläne.


Abbildung 4: Das Innere des Wirerbades um 1900

Erst ab 1923 konnten die Betreiber an neue Planungen denken, diesmal sollte anstelle des Rudolfbades (heute Standort des EurothermenResort) ein Zentralbad entstehen, das als veraltete empfundene Wirerbad abgerissen werden.

Wieder gingen Jahre ins Land: 1931 konnte dann, genau zum 100. Bestandsjubiläum der alten Lokalität, das Vorhaben realisiert werden, glücklicherweise ohne den Abbruch des Wirerbades. Lediglich der südliche Teil (heute Parkplatz vor dem Pfarrheim) wurde 1936 abgerissen.

1937 wurde die Wirerstiftung faktisch aufgelöst, Gemeinde und Land Oberösterreich teilten den Besitz, das „Wirerbad“ jetzt nur mehr „Trinkhalle“ genannt, ging in den Besitz des Landes Oberösterreich über.

In den 1960er Jahren wurde neuerlich Pläne zu einem Abriss laut, die aber wieder verworfen wurden, schließlich wurde der Bau unter Denkmalschutz gestellt. 1963/64 erfolgte eine umfassende Restaurierung. Dies löste aber nicht das Problem der Nachnutzung. Was tun mit einem historischen Gebäude, dessen Gebrauch sich überholt hatte? Die Sparkasse benützte von 1968 bis 1970 die Trinkhalle während des Umbaus.

Für Konzerte und Ausstellungen gab das ehrwürdige Gemäuer einen würdigen Rahmen, aber erst mit der geplanten Landesausstellung wurde wieder ein konkretes Projekt verfolgt. 2005 tauschte die Stadtgemeinde die Trinkhalle gegen ein anderes Objekt ein und nach der erfolgreichen Schau „Menschen, Mythen und Monarchen“ 2008 zogen der Tourismusverband und die Kulturplattform Bad Ischl ein.



TVB-Ergänzung: Trinkhalle „Jetzt“

Heute ist die Trinkhalle das „Haus des Gastes“ und wurde durch umfassende Nutzung für kulturelle, touristische und gesellschaftliche Zwecke fest im Leben der Stadt verankert. Mit einer Fläche von 500 m² ist sie eines der wichtigen Gebäude für jede Art von Veranstaltung.

Die Räumlichkeiten der Trinkhalle können angemietet und individuell angepasst werden. Dank zweier abtrennbarer Flügel und dem eindrucksvollen Eingangsbereich bietet die Trinkhalle Platz für glamouröse Galas, rauschende Feste, Konzerte, Ausstellungen, Seminare und vieles mehr. Gefeiert wird im kaiserlichen Ambiente, das die Gäste schon seit Jahrzehnten zu schätzen wissen.

Das Tourismusbüro hat Montag bis Samstag von 8:00 bis 17:00 Uhr geöffnet.
Tourismusverband Bad Ischl Auböckplatz 5, 4820 Bad Ischl
Tel: 06132-27757, office@badischl.at

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