Trotz Pandemie-Beschränkungen: Beginn der Handaufzucht von Waldrappen im Tiergarten Schönbrunn

Waldrappteam - Copyright Waldrappteam Conservation & Research
Waldrappteam - Copyright Waldrappteam Conservation & Research

Nach einjähriger Unterbrechung aufgrund der COVID-19 Pandemie ist es wieder so weit. Am 8. April wurden 16 Waldrapp-Küken aus der Brutkolonie des Tierpark Rosegg in Kärnten entnommen und zur Aufzucht in den Tiergarten Schönbrunn nach Wien gebracht. In wenigen Tagen sollen weitere Küken folgen. Die beiden Wissenschaftlerinnen Helena Wehner und Katharina Huchler wollen insgesamt 32 Küken dieser vom Aussterben bedrohten Ibisart aufziehen und auf sich prägen. Diese Jungvögel haben eine Zukunft in der Wildbahn: Sie werden Teil einer neuen Waldrapp-Population in Europa.

Der Waldrapp wurde in Europa vor 400 Jahren ausgerottet. Bis vor wenigen Jahren war diese Zugvogelart in der Wildbahn nur noch in Marokko zu finden und auch dort stark bedroht. Ein erfolgreiches Zuchtprogramm in europäischen Zoos ermöglicht seit 2014 die Wiederansiedlung des Waldrapps in Mitteleuropa. Daran beteiligen sind der Tiergarten Schönbrunn, der Tierpark Rosegg in Kärnten sowie weitere europäische Zoos und andere Partner unter Leitung des Waldrappteams.

Waldrappe werden in vielen europäischen Zoos gehalten. Durch ihr geselliges Verhalten und ihr exotisches Aussehen sind diese „Vögel von herber Schönheit“ die Lieblinge vieler Zoobesucher*innen. Aber diese Vögel können in zunehmender Zahl auch wieder in der Wildbahn beobachtet werden. Johannes Fritz, Leiter des Waldrappteams: Die Wiederansiedlung des Waldrapps ist eines der großen und erfolgreichen europäischen Artenschutzprojekte. Inzwischen umfasst die Population mehr als 150 Vögel, aufgeteilt auf vier Brutkolonien nördlich und südlich der Alpen.

Bekannt wurde das Projekt insbesondere aufgrund seiner spektakulären Wiederansiedlungsmethode. Waldrappe sind Zugvögel und in der Wildbahn lernen die Jungtiere die Zugroute von ihren Artgenossen, indem sie ihnen in das Wintergebiet folgen. Bevor die Jungvögel aus dem Artenschutzprojekt ausgewildert werden können, müssen sie daher die Zugroute in das Wintergebiet lernen. Die Expert*innen des Waldrappteams ermöglichen das in einzigartiger Weise.

Helena Wehner und Katharina Huchler werden zu Ziehmüttern. Sie füttern und pflegen die Küken und sind von früh bis spät für sie da. So entsteht eine enge und anhaltende soziale Beziehung, der Mechanismus dahinter ist die sogenannte Prägung. Helena Wehner: Für mich ist das bereits die zweite Handaufzucht. Es ist eine sehr anspruchsvolle, aber auch sehr erfüllende Aufgabe. Wir entwickeln eine enge Beziehung zu den Vögeln, sie vertrauen uns völlig und folgen uns überallhin, selbst wenn wir in einem Ultraleicht-Fluggerät sitzen.

Für das Training mit dem Fluggerät werden die Jungvögel im Mai auf einen Flugplatz in Hilzingen am Bodensee übersiedelt. Dort wird über den ganzen Sommer trainiert. Mitte August kommen die Jungvögel in Zugunruhe. Dann wird es Zeit, sie mit zwei Ultraleicht-Fluggeräten, in denen jeweils eine der Ziehmütter als Co-Pilotin sitzt, in mehreren Etappen in das Wintergebiet in der Toskana zu führen. Rund 1000 Kilometer sind es bis in das WWF Schutzgebiet Laguna di Orbetello, wo sie auf ihre Artgenossen treffen. Dort werden die Jungvögel ausgewildert und sollen, wenn sie nach zwei bis drei Jahren als geschlechtsreife Vögel nach Baden-Württemberg zurückkehren, werden sie Teil einer neu gegründeten Brutkolonie in Überlingen am Bodensee.

Die COVID-19 Pandemie beeinträchtigt auch die Umsetzung dieses Artenschutzprojektes. Im vergangenen Jahr mussten die Handaufzucht und Auswilderung ausgesetzt werden. Es war umso erfreulicher, dass die Kolonien in den beiden Brutgebieten Burghausen in Bayern und Kuchl im Land Salzburg dank erfolgreicher Brut trotzdem gewachsen sind. Für die Gründung der Kolonie in Überlingen ist die Auswilderung dieser 32 Küken nach der erzwungenen Unterbrechung des Vorjahrs aber dringend notwendig.

Es besteht auch in diesem Jahr das Risiko, dass das Projekt nicht wie geplant durchgeführt werden kann. Aber im Gegensatz zum vergangenen Jahr lassen sich die durch die COVID-19 Pandemie bedingten Risiken und Einschränkungen besser abschätzen. Johannes Fritz: Der Beginn der Handaufzucht ist für uns und unseren Partnern ein Grund zur Hoffnung – das Projekt geht weiter, trotz aller Hindernisse.

Der Tiergarten Schönbrunn ist momentan geschlossen. Daher kann die Handaufzucht vorerst nicht wie in früheren Jahren vor Ort live beobachtet werden. Stattdessen wurde ein Livestream aus dem Aufzuchtcontainer vorbereitet. Erstmals können die beiden Ziehmütter live auf Facebook und Youtube bei ihrer Arbeit beobachtet werden: täglich von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr und von 16:00 Uhr bis 17:00.


Weitere Meldungen

Buchtipp: Österreichs schönste Flussradwege

im Styria Verlag

15 Touren u.a. auch 10 Etappen mit einer Länge von 631 km im Salzkammergut - von Bad Mitterndorf über Obertraun, Hallstatt, Gosau, St. Wolfgang, Ebenau, Fuschl, Mondsee, Attersee, Ebensee, Bad Ischl, Altaussee, Grundlsee zurück nach Mitterndorf.

weiter lesen ...

Erfolgreiche Suchaktion

Eine 25-Jährige aus dem Bezirk Wels-Land erstattete am 28. März 2021 gegen 12 Uhr die Anzeige, dass sich ihr ehemaliger 27-jähriger Lebensgefährte aus dem Bezirk Wels-Land das Leben nehmen wolle.

weiter lesen ...