Neon-Effekt

Im folgenden Bild scheint ein hellblauer Kreis vor dem weißen Hintergrund zu schimmern:
Text

Experimentieren Sie selbst mit dem Neon-Effekt. Verändern Sie z.B. mit dem zweiten Schieberegler den Abstand der Striche.

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dann erscheint hier der blelb Spot 05



Farbschimmertäuschungen

Farbschimmertäuschung ist der Oberbegriff der hier gezeigten Täuschungen. Die Grenzen dazwischen sind fliessend. Ein reiner Neon-Effekt tritt relativ selten und nur unter den unten genannten Bedingungen auf. Seine Wahrnehmung ist beinahe ein esoterisches Erlebnis: Man bezeichnet mit «neon color spreading effect» das an den Effekt einer historischen Neon-Leuchtröhre erinnernde körnige Glimmen von gewissen Farbeinschlüssen in repetitiven Strukturen. Das Wort «spreading» bedeutet, dass diese Leuchtfarbe scheinbar die leeren Zwischenräume füllt. Die ästhetische Qualität dieser geisterhaften Erscheinung wurde 1971 entdeckt [1], 1975 wiederentdeckt [2] und hat schliesslich den Neurophysiologen und Psychophysikern Tür und Tor zu einem besseren Verständnis des Sehprozesses geöffnet [4].

Voraussetzungen
Fünf Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit sich ein Neon-Effekt einstellen kann:

1) Lässt man die Farbeinschlüsse weg, so müssen bereits die Aussparungen im Linienmuster auf dem Hintergrund ein leuchtendes Objekt mit einem subjektiven Rand erzeugen (Kanisza-Effekt [3]).

2) Die Liniendichte muss einen gewissen Grenzwert überschritten haben.

3) Die Farbeinschlüsse müssen wie Intarsien eine perfekte Fortsetzung der Linien bilden

4) Die Breite der Farbeinschlüsse darf auf der Netzhaut nicht grösser als die Abmessung der Fovea sein.

5) Die Intarsien müssen zu glühen beginnen und einen Teil ihres Pigments in die leeren Zwischenräume versprühen, als ob ein Zündeffekt stattgefunden hätte.

Steigernde und hemmende Einflüsse auf den Neon-Effekt
Die Farben Grün und Gelb mit mittleren Wellenlängen unterdrücken den Neon-Effekt und erzeugen eine normale Farbschimmertäuschung. Die kurz- und langwelligen Farben Blau und Rot hingegen unterstützen den Neon-Effekt. Wählt man Gegenfarben für den Hintergrund und die Intarsien (Rot und Grün; Blau und Gelb), so wird der Neon-Effekt begünstigt, wählt man hingegen benachbarte Farben (z.B. Orange und Rot), so verschwindet der Effekt.
In dämmrigen Licht verstärkt sich der Neon-Effekt.
Interessant ist auch, dass graue Linien, eingebettet in farbige Linien, einen schwachen Farbschimmereffekt in der Gegenfarbe erzeugen können.

In den höheren Hirnregionen und unter dem Meeresspiegel
Man weiss heute, dass der Neon-Effekt und der Kanizsa-Effekt im Gegensatz zum Assimilations-Effekt in den höheren Hirnregionen des visuellen Kortex entsteht. Um einen «Schmutzeffekt» handelt es sich dabei offenbar nicht. Ein solch komplexer Effekt muss entweder ein Irrläufer der Evolution sein oder einen tieferen Sinn haben. Interessant ist, dass nach dem Aufglühen der im Zwischenraum scheinbar versprühten Farbe die Illusion einer vorgelagerten halbtransparenten Struktur entsteht. Das Aufglühen scheint eine Verstärkung der Wahrnehmung zu sein. Selbst wenn das Licht der Intarsien für eine Wahrnehmung nicht ausreicht, kann unser vor rund 300 Millionen Jahren entwickeltes Sehorgan dank dieser Verstärkung evtl. noch etwas erkennen. Vielleicht ist der Neon-Effekt ein Überbleibsel der Entwicklung des Sehvermögens unter dem Meeresspiegel. Dort mangelt es an Licht, und das Erkennen von transparenten Körpern vor filigranen Strukturen mag eine Rolle gespielt haben.

Literatur:
[1] Varin D, 1971
Fenomeni di contrasto e diffusione cromatica nell`organizzazione spaziale del campo percettivo
Rivista di Psicologia 65 101-128
[2] van Tujil, H. (1975)
A new visual illusion: Neonlike color spreading and complementary color induction between subjective contours.
Acta Psychologica, 39, 441-445.
[3] Kanisza, G. (1979)
Organisation in Vision. Essays on Gestalt Perception, Praeger.
[4] Bressan P, Spillmann L, Mingolla E and Watanabe T, 1989
Neon color spreading: a review
Perception 26 1353-1366