SPORTDIREKTOR MATTHIAS SCHMID REFLEKTIERT EREIGNISREICHES SEGELJAHR

OESV SPORTDIREKTOR MATTHIAS SCHMID 
© (c) ?-OC / GEPA pictures / Philipp Brem
OESV SPORTDIREKTOR MATTHIAS SCHMID © (c) ?-OC / GEPA pictures / Philipp Brem

Die weltweit vorherrschende Covid-19-Pandemie hat auch den Österreichischen Segel-Verband im abgelaufenen Segeljahr vor große Herausforderungen gestellt – aber auch das Miteinander nochmals gestärkt. „Unsere Verbandsphilosophie ist der team- und klassenübergreifende Zusammenhalt. Dass wir einander respektvoll begegnen, uns gegenseitig fair behandeln, ist nicht neu. In dieser Zeit hat es aber nochmals ein Zusammenrücken aller Athleten und Betreuer gegeben, und gemeinsam Vieles möglich gemacht“, erzählt Sportdirektor Matthias Schmid. Nach der Corona-bedingten Pause Mitte März gingen einzelne Teams bereits Anfang Mai in Österreich wieder aufs Wasser. Die 470er-Flotte nahm dann Ende Mai das Training am Meer wieder auf, ehe auch die anderen Boote – und das bis zuletzt – an unterschiedlichen Küstenstandorten Europas für das Erreichen ihrer persönlichen Ziele trainierten. Sämtliche Entscheidungen wurden in ständigem Einvernehmen mit den heimischen und internationalen Behörden getroffen.

Bildstein/Hussl Nummer eins der 49er-Weltrangliste
Für die rot-weiß-roten 49er-Asse Benjamin Bildstein und David Hussl hat das Jahr 2020 mit einem vierten Platz bei der Weltmeisterschaft vor Geelong, Australien begonnen – dieser hievte die beiden 28-Jährigen auf Platz eins der Weltrangliste. Mit der Silbermedaille bei der im Herbst am Attersee ausgetragenen Heim-Europameisterschaft krönte das Duo vom Yacht Club Bregenz eine wettkampfarme Saison. „Wir wissen, dass Beni und David vorne mitfahren können. Wenn sie vom Umfeld her eine ideale Vorbereitung bekommen, von Krankheit und Verletzungen verschont bleiben und eine gute Materialauswahl treffen, dann werden sie bei den Olympischen Spielen in Japan bis zum Schluss um eine Medaille kämpfen. Sie werden 2021 maximal daran arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen“, fasst Matthias Schmid zusammen. Ihnen fehle noch das „berüchtigte letzte Äutzerl“ für den ganz großen Coup. Um diese Raffinesse zu bekommen, steht den beiden Athleten – wie auch dem Nacra-17-Duo Zajac/Matz – auch im kommenden Jahr Doppelolympiasieger Roman Hagara zur Seite.

Mit Keanu Prettner und Jakob Flachberger wird neben den Weltranglistenersten auch ein zweites 49er-Team aufgebaut. Die beiden Talente haben 2020 ihr erstes Regatta-Jahr mit dem Nationalteam absolviert. „Die beiden haben ein sehr intensives Programm abgespult“, weiß der Sportdirektor, „und mehr Zeit am Wasser verbracht als ihre Teamkollegen“. Das zusätzlich von Marcos Lamas betreute Duo vom Union Yacht Club Wolfgangsee will sich im kommenden Jahr in Schlagdistanz zur Goldflotte positionieren und richtet seinen Fokus auf die Kampagne Paris 2024 und dann auf die Olympischen Spiele 2028. Für 2021 ist zudem ein Junioren-Event geplant und die Weltmeisterschaft im Oman ein Nahziel.

49erFX mit neuem Sparringspartner zu alter Stärke
Das Ziel von Tanja Frank und Lorena Abicht für die Olympischen Spiele in Tokio definiert Matthias Schmid als „so vorbereitet zu sein, dass sie in Japan alle Chancen haben, positiv zu überraschen“. Um das zu schaffen, sind die beiden Athletinnen vom Union Yacht Club Neusiedlersee mit dem belgischen Team Maenhaut/Geurts eine Trainingsgemeinschaft eingegangen und arbeiten mit Segellegende Paul Brotherton zusammen. Sein innovatives System TrueSail soll die ehemaligen Vizeweltmeisterinnen bis zu den Spielen kompetitiv machen. „Wir haben sicher noch immer viele Punkte, wo wir noch nicht da sind, wo wir sein wollen. Obwohl Tanja schon eine Olympiamedaille gewonnen hat, ist sie erst seit drei Jahren 49erFX-Steuerfrau – viele der Top-Boote haben da schon deutlich mehr Erfahrung als sie. Aber die beiden haben schon zweimal bewiesen, dass sie im entscheidenden Moment zuschlagen können“, resümiert der Wiener.

Zajac/Matz Seite an Seite mit besten Booten der Welt
Auch für Thomas Zajac und Barbara Matz geht ein ausgedünntes Regatta-Jahr zu Ende. Eines, dass mit Platz zwei bei den Ozeanischen Meisterschaften begann und dann mit Rang 19 bei der Heim-Europameisterschaft endete. Dazwischen und vor allem über den Winter trainiert das Nacra-17-Duo Seite an Seite mit den besten Booten der Welt. „Sie haben ein Super-Winterprogramm, trainieren mit der feinsten Top-Klasse, mit den Kandidaten auf eine Medaille bei Olympia. Solche Trainings wünscht man allen. Daraus können und werden wir profitieren“, schwärmt der Sportdirektor von den Möglichkeiten, die für die Nacra-17-Teams geschaffen wurden. Denn auch Laura Farese und Matthäus Zöchling bereichern sich an dieser Trainingsgruppe: „Sie haben eine sehr gute Entwicklung genommen, sind mit den Top-Booten in manchen Bereichen schon auf Augenhöhe.“ Mit Lukas Haberl und Lisa Farthofer scharrt aber auch ein weiteres Nacra-17-Duo in den Startlöchern, das bei der Heim-Europameisterschaft seine Feuertaufe bestand.

470er wollen noch das Olympia-Ticket
In der 470er-Klasse fehlt dem Österreichischen Segel-Verband noch das Nationenticket für die in den Sommer 2021 verschobenen Olympischen Spiele. Mit David Bargehr/Lukas Mähr und Nikolaus Kampelmühler/Thomas Czajka kämpfen zwei Boote um den Platz bei Olympia. Sie waren die ersten, die nach dem Lockdown wieder ans Meer fuhren, trainierten in den letzten Wochen ausschließlich vor Kroatien für ihren Olympia-Traum. Die Qualifikation – sie wurde mittlerweile zum vierten Mal neu terminisiert – soll nun im Frühjahr 2021 im portugiesischen Vilamoura ausgetragen werden und ist ein beinharter Kampf. „Fünf bis sechs Nationen, also zehn bis 15 Boote segeln um ein verbleibendes Ticket. Das ist für alle Beteiligten eine unglaublich herausfordernde Situation. Der Stressfaktor ist enorm hoch – aber wir werden bestens vorbereitet diesen Kampf annehmen“, skizziert der Sportdirektor die Situation bei den 470ern.

Klar ist allerdings, dass für die beiden Top-Teams „die Reise in Tokio oder vielleicht schon früher endet“. Ab dann wird die 470er-Klasse im Mixed-Format weitergeführt. Das hinderte aber den OeSV nicht daran, dass aktuell mit Niclas Lehmann und Niklas Haberl zwei junge Talente im 470er herangeführt werden. „Der 470er ist ein ausgezeichnetes Vorbereitungsboot auf andere olympische Klassen – und genau diesen Plan verfolgen wird mit Niclas und Niklas“, berichtet Matthias Schmid. „Auch eine Segellegende wie Peter Burling hat in dieser Klasse angefangen. Dieses Boot ist im Vergleich langsamer als die andern, es braucht aber viel taktisches Verständnis und wenn du ein paar Jahre darin verbringst, ist es sehr lehrreich für die weitere Karriere“, so der Sportdirektor weiter. Mit Rosa Donner und Sebastian Slivon hat der Segel-Verband aber auch schon ein aufstrebendes Mixed-Duo, das Richtung Olympia 2028 schielt.

„Mehr Planungssicherheit, um wieder konkret arbeiten zu können“
Das Hauptproblem im Jahr 2020 sieht Matthias Schmid rückblickend darin, dass „man für seine Ziele nicht immer das dafür Notwendige umsetzen konnte“. Der Verband habe so gut gearbeitet wie möglich. Für das kommende Jahr hofft der Sportdirektor auf mehr Planungssicherheit, um die Ziele der Athleten und des Verbandes bestmöglich umzusetzen. Aber der 39-jährige Wiener wird bei seinen Wünschen für 2021 noch konkreter: „Ich wünsche mir, dass die Welt halbwegs wieder zur Normalität kommt, die 470er die Olympia-Qualifikation schaffen, die Spiele – auch aus Respekt vor den Athleten und ihren Leistungen – halbwegs vernünftig ablaufen, wir für dieses Highlight in Japan eine vernünftige Vorbereitung absolvieren, um dann vielleicht eine Medaille holen zu können“.

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