AK-Präsident Stangl: Oberösterreich ist bei der Kinderbildung und Kinderbetreuung abgeschlagenes Schlusslicht

Der morgige 24. Jänner ist der Tag der Elementarbildung – ein Tag, an dem es in Oberösterreich nichts zu feiern gibt. Denn die Betreuungsquoten sind und bleiben die schlechtesten in ganz Österreich. Trotz üppiger Bundesförderungen bleibt das Land Oberösterreich den Familien, den Betrieben, dem Arbeitsmarkt und nicht zuletzt den Kindern einen spürbaren Ausbau der Kinderbetreuungs- und Kinderbildungseinrichtungen schuldig. AK-Präsident Andreas Stangl vermisst jegliche Bemühungen des Landes, an diesem Missstand etwas ändern zu wollen, ganz im Gegenteil: „Mit den Elternbeiträgen für die Nachmittagsbetreuung legt das Land den Müttern und Vätern nach wie vor auch finanzielle Steine in den Weg, die ihnen den beruflichen und familiären Alltag erschweren.“


Laut Kindertagesheimstatistik waren in Oberösterreich im Kindergartenjahr 2020/21 nur 23,1 Prozent der Kinder zwischen drei und sechs Jahren in vollzeittauglicher Betreuung. Das sind um magere 0,9 Prozent mehr 2018/19 und um fast 25 Prozentpunkte weniger als im österreichischen Durchschnitt.


Noch ernüchternder stellt sich die Situation bei den Kindern unter drei Jahren dar: Während sich im gesamten Bundesgebiet 17,7 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe in vollzeittauglicher Betreuung befanden, waren es in Oberösterreich nur 4,6 Prozent und somit genau gleich viele wie im Kindergartenjahr 2018/19. Im Bundesländervergleich nimmt Oberösterreich damit in beiden Altersgruppen weiterhin weit abgeschlagen den letzten Platz ein.


Finanzielle Mittel wären vorhanden, werden aber nicht genutzt

Dabei wären die finanziellen Mittel vorhanden, um den Ausbau von vollzeittauglichen Kinderbetreuungseinrichtungen voranzutreiben: Dem Land Oberösterreich standen (bei entsprechender Kofinanzierung) in den vergangenen zehn Jahren rund 141 Millionen Euro aus 15a B-VG Mitteln zur Verfügung. Während alle anderen Bundesländer dank dieser Fördermittel ihre Betreuungsquoten in beiden Altersgruppen erfolgreich aufbessern konnten, blieb in Oberösterreich alles beim Alten. Das zeigen die Elternbefragungen und zahlreiche Beratungen in der AK Oberösterreich, aber auch der Familienreport 2021 des Österreichischen Instituts für Familienforschung der Universität Wien. „Es muss hinterfragt werden, warum sich die Betreuungsquote in Oberösterreich, trotz dieser Mittel, nicht erhöht hat“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl.


Verheerende Auswirkungen auf Erwerbsbiographien von Frauen

Die Landesregierung unternimmt derzeit nichts, um die Situation zu verbessern. Im Gegenteil: „Die Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung erschweren den Müttern und Vätern seit fast vier Jahren die ohnehin prekäre Betreuungssituation zusätzlich“, sagt Andreas Stangl. Zumal insbesondere Frauen gezwungen sind, Teilzeitjobs anzunehmen, die häufig nicht zum Leben reichen. Das hat verheerende Auswirkungen auf ihre Erwerbsbiographien und ihre individuelle Absicherung in der Arbeitslosigkeit und im Alter.


Besonders schmerzlich ist aber auch die volkswirtschaftliche Perspektive: Nur wenige Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen können mit den immer flexibler werdenden Arbeitszeiten der Eltern Schritt halten. Dadurch verliert der Arbeitsmarkt viele gut ausgebildete Arbeitskräfte, weil diese Jobangebote aufgrund fehlender oder unzureichender Kinderbetreuung nicht annehmen können. Angesichts des Wehklagens vieler Unternehmen, keine Arbeitskräfte zu finden, wiegen die Versäumnisse des Landes noch einmal schwerer.


Stangl fordert: Alles unternehmen, um besser zu werden

„Es ist höchste Zeit, dass wir alles unternehmen, um nicht Schlusslicht in der Kinderbetreuung zu bleiben“, erklärt der AK-Präsident. Die Sozialpartner fordern in einer gemeinsamen Initiative eine zusätzliche Milliarde Euro für den Ausbau der vollzeittauglichen Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen und drängen auf einen Rechtsanspruch auf einen qualitätsvollen Betreuungsplatz ab dem zweiten Lebensjahr bis zum Ende der Sekundarstufe I.


Darüber hinaus braucht es rasch eine professionelle und verpflichtende Bedarfserhebung in allen oberösterreichischen Gemeinden und Bezirken und einen bundeseinheitlichen Qualitätsrahmenplan für Krabbelstuben, Kindergärten sowie eine Qualitätsoffensive in Form von umfassender Sprachförderung bereits für die Kleinen. Ein zweites verpflichtendes und kostenloses Kindergartenjahr für alle Kinder muss eingeführt werden. Zudem müssen die Arbeits- und Rahmenbedingungen der Beschäftigten durch einen angemessenen Personalschlüssel, kleinere Gruppen und höherer Bezahlung verbessert werden. Nicht zuletzt fordert AK-Präsident Stangl die Abschaffung der Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung.

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