Jahrzehntelang in Österreich gearbeitet und trotzdem kein Arbeitslosengeld

Ein kurioser Fall beschäftigt derzeit die Sozialrechtsexperten/-innen der Arbeiterkammer Oberösterreich. Einem Arbeiter, der vor 50 Jahren in Österreich geboren wurde und seitdem hier gelebt und gearbeitet hat, wurde vom Arbeitsmarktservice das Arbeitslosengeld verwehrt. Begründung: Er sei staatenlos. Die AK hat beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde eingelegt.

Herr M. wurde 1963 in Wels geboren. Sein Vater, ein Österreicher, starb wenige Jahre nach seiner Geburt. Seine Mutter, eine gebürtige Rumänin, war im Zuge der Nachkriegswirren ohne Papiere nach Österreich gekommen. Vor vielen Jahren hatte Herr M. einmal um die österreichische Staatsbürgerschaft angesucht, war aber wegen fehlender Papiere weggeschickt worden.

Herr M. machte eine Dreher-Lehre, danach arbeitete er Jahrzehnte lang am Bau. Wenn er im Winter arbeitslos wurde, bekam er anstandslos Arbeitslosengeld. Zuletzt hatte er elf Jahre lang einen Job bei den ÖBB. Seit Juni 2012 ist er wieder arbeitslos.

Und jetzt wird die Geschichte kurios: Denn das AMS Wels lehnte seinen Antrag auf Arbeitslosengeld diesmal ab, mit der Begründung, er sei staatenlos und habe deshalb keinen gültigen Aufenthaltstitel. Jetzt suchte Herr M. neuerlich um die österreichische Staatsbürgerschaft an und bekam sie auch binnen vier Monaten. Damit war aber das Problem nur teilweise gelöst. Denn das AMS weigert sich, das Arbeitslosengeld für die vier Monate von Juni bis Oktober 2012 nachzuzahlen.

Was nach Auffassung der Arbeiterkammer gegen das UN-Überein-kommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen verstößt. In Artikel 24 dieses Übereinkommens ist geregelt, dass die Vertragsstaaten (zu denen Österreich seit 2008 gehört) in Fragen der sozialen Sicherheit Staatenlosen die gleiche Behandlung gewähren müssen wie Staatsangehörigen. Zur sozialen Sicherheit gehören ausdrücklich auch gesetzliche Bestimmungen über Arbeitslosigkeit. Das hat übrigens auch das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen auf Anfrage der Arbeiterkammer bestätigt.

Zudem ist Artikel 24 der Konvention eine österreichische Verfassungsbestimmung. „Dem Mann das Arbeitslosgeld vorzuenthalten, ist verfassungswidrig“, argumentiert AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer: „Wir gehen von einem rechtmäßigen Aufenthalt aus, sonst wäre ja die Staatsbürgerschaft nicht so rasch zuerkannt worden.“ Die Arbeiterkammer hat deshalb jetzt beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde eingelegt. „Wir fordern vom AMS, nicht auf das Urteil zu warten, sondern das Arbeitslosengeld gleich nachzuzahlen“, so Kalliauer.

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