Zu geringe Entlohnung, mehrfach belastet und „unsichtbar“:

AK-Präsident Andreas Stangl sowie AK-Expertin Stephanie Müller-Wipperfürth -- _by_Wolfgang_Spitzbart_AKOOE
AK-Präsident Andreas Stangl sowie AK-Expertin Stephanie Müller-Wipperfürth -- _by_Wolfgang_Spitzbart_AKOOE

Der hohe Anspruch an Hygiene und Sauberkeit am Arbeitsplatz ist in Zeiten von Corona weiter gestiegen. Die Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte haben sich jedoch nach wie vor nicht verbessert. Völlig übersehen werden auch die Mehrfachbelastungen, denen die Beschäftigten in dieser Branche ausgesetzt sind. Sie müssen mit gesundheitsgefährdenden Mitteln arbeiten, werden körperlich extrem stark beansprucht und sind psychisch stark belastet. Dazu kommt das niedrige Einkommen.


Laut Kollektivvertrag für Denkmal-, Fassaden und Gebäudereinigung liegen aktuell die Brutto-Stundenlöhne zwischen 9,71 und 11,74 Euro umgelegt auf eine Vollzeitbeschäftigung entspricht dies einem monatlichen Bruttolohn von 1.680 Euro. „Es braucht endlich eine gerechte Entlohnung, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung“, sagt AK-Präsident Andreas Stangl.


Dazu kommt, dass Reinigungskräfte sozusagen „unsichtbar“ sind. Sie arbeiten häufig zu Randzeiten, nämlich früh morgens oder spät abends, wenn andere Beschäftigte noch nicht da oder schon wieder weg sind. Das bedeutet, dass sie meist alleine arbeiten und keine Ansprechperson haben. Reinigungskräfte fühlen sich deshalb einsam und isoliert. Beschäftigte, die früh morgens und danach erst wieder spät abends arbeiten, müssen den Hin- und Rückweg zweimal zurücklegen. Zusätzlich zu den zerrissenen Arbeitstagen ist es auch schwer, möglichen Betreuungspflichten nachzugehen. Dass Reinigungsarbeit auch körperlich anstrengend ist, wird meist übersehen. Vor allem der Muskel-Skelett-Apparat wird stark beansprucht. Laut Arbeitsklima Index der AK OÖ gaben in den Jahren 2019 bis 2021 22,9 Prozent der Beschäftigten an, dass sie sehr stark bzw. eher stark mit anstrengender Arbeit wie das Heben schwerer Lasten zu kämpfen haben. Schmerzen in der Wirbelsäule oder im Rückenbereich sind daher nur wenig verwunderlich.


Lösungsansätze und Forderungen
der Arbeiterkammer Oberösterreich


Prävention muss das oberste Ziel sein

Nur mit gezielter Präventionsarbeit können Reinigungskräfte entlastet sowie arbeitsbedingte Erkrankungen und ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Berufsleben verhindert werden!


Lückenlose Gefahren-Evaluierung auf allen Arbeitsplätzen

Es braucht mehr Bewusstsein im Umgang mit gefährlichen Arbeitsstoffen. Es muss eine lückenlose Arbeitsplatz-Evaluierung stattfinden, die auch für auswärtige Arbeitsstellen, an denen die Beschäftigten als betriebsfremde Reinigungskraft eingesetzt werden, verpflichtend sein muss.


Auf Fürsorgepflicht der Arbeitgeber setzen

Durch den ständigen Kontakt mit Putzmitteln sind Reinigungskräfte stark gefährdet, Hautkrankheiten zu bekommen. Laut Allgemeinem Sozialversicherungsgesetz (ASVG) gelten Hautkrankheiten allerdings nur dann als Berufskrankheiten, wenn Arbeitnehmer/-innen dazu gezwungen sind, die schädigende Tätigkeit aufzugeben. Der Gesetzgeber müsste hier den Arbeitgeber verpflichten, die Fürsorgepflicht einzuhalten. Mit geeigneten Vorsorgemaßnahmen und strengeren Kontrollen bei der Einhaltung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes.


Soziale Absicherung muss stets gewährleistet sein

Wenn die Vorsorge ungenügend ist oder gänzlich fehlt und das zu einer arbeitsbedingten Erkrankung führt, muss die soziale Absicherung gewährleistet werden. Es wäre dringend notwendig, die Berufskrankheitenliste um arbeitsbedingte Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Erkrankungen oder weitere Krebsarten zu erweitern.


Tagreinigung umsetzen

Damit soll auch ein besserer Präventionsschutz erreicht werden, der aktuell in vielen Fällen aufgrund der Alleinarbeit unzureichend ist.

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