Kinderbildung und Kinderbetreuung in Oberösterreich nicht vollzeittauglich

Arbeiterkammer OÖ
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Seit Februar 2018 müssen Eltern in Oberösterreich für die Nachmittagsbetreuung ihrer Kinder im Kindergarten eine Gebühr zahlen. Das hat sich negativ auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgewirkt. Oberösterreich ist hier nach wie vor im Hintertreffen, Frauen bleiben vielfach von Vollzeitjobs ausgeschlossen. „Es ist auch angesichts der Teuerungen höchst an der Zeit, die Nachmittagsgebühren wieder abzuschaffen“, fordert daher AK-Präsident Andreas Stangl.


Oberösterreich liegt beim Ausbau der Kinderbildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen weit unter dem österreichischen Durchschnitt. Die im Februar 2018 eingeführten Elternbeiträge für die Nachmittagsbetreuung haben die Entwicklung weiter gebremst. Die Bekundungen der für das Ressort zuständigen Landeshauptmann Stellvertreterin Christine Haberlander, Oberösterreich habe kräftig in die Kinderbetreuung investiert, ignorieren die Bedürfnisse der Eltern. Laut Kindertagesheimstatistik ist die Anzahl der Einrichtungen, die länger als 13 Uhr geöffnet haben, in den vergangenen fünf Jahren nur um 0,9 Prozent gestiegen. Dafür gibt es heute um 48 Prozent mehr Kindergärten, die spätestens um 13 schließen. Das ist eine klare Verschiebung des Angebots zu Ungunsten berufstätiger Eltern.


Damit ist in Oberösterreich das Kinderbetreuungsangebot meilenweit von der viel propagierten Wahlfreiheit der Eltern entfernt. Bereits im Herbst 2021 haben die oberösterreichischen Sozialpartner und die Industriellenvereinigung deutliche Verbesserungen in der Kinderbildung und Kinderbetreuung eingefordert. Denn nur dann, wenn es ein flächendeckendes, ganztägiges und ganzjähriges Betreuungsangebot gibt, kann die Vereinbarkeit von Beruf und Familie realisiert und insbesondere die Frauenerwerbsquote angehoben werden. Die Nachmittagsgebühren bewirken genau das Gegenteil und bremsen die Frauen auf dem Arbeitsmarkt aus.


„Der von der Landeshauptmann Stellvertreterin propagierte Ausbau beinhaltet fast ausschließlich Angebote, die nicht mit einem Vollzeitjob vereinbar sind“, kritisiert AK-Präsident Andreas Stangl. Er berichtet von zahlreichen Anrufen von Eltern, die sich über lange Wartelisten für Kinderbetreuungsplätze in ihren Wohnsitzgemeinden ärgern. Und selbst jene Eltern, die einen Betreuungsplatz für ihre Kinder ergattert haben, klagen vielfach über Verschlechterungen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Grund dafür sind die starren Öffnungszeiten, die nicht mit der zunehmenden Flexibilisierung der Arbeitszeiten Schritt halten.


Die Folge: Oberösterreich hat mit 41,5 Prozent die geringste Frauen-Vollzeitquote in Österreich (49,5 Prozent). „Angesichts des demographischen Wandels und des Mangels an Fachkräften ist es fahrlässig, das Potenzial an weiblichen Arbeitskräften ungenutzt zu lassen. Wenn wir dieses Potenzial ausschöpfen wollen, brauchen wir aber endlich ein flächendeckendes, vollzeittaugliches und qualitätsvolles Kinderbildungs- und Kinderbetreuungsangebot“, sagt der AK-Präsident.


Im Rahmen der 15a B-VG Vereinbarung zum weiteren Ausbau der institutionellen Kinderbildung und -betreuung standen, bei entsprechender Kofinanzierung durch das Land Oberösterreich, in unserem Bundesland in den vergangenen Jahren zusätzlich mehr als 140 Millionen Euro von Seiten des Bundes zur Verfügung. Die in der Vereinbarung definierten Investitionsziele, wie die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Gleichberechtigung der Geschlechter, wurden aber klar verfehlt. Auch der Landesrechnungshof hat in seinen Prüfberichten die fehlende Transparenz und nicht nachvollziehbarere Standort- und Investitionsentscheidungen der Landespolitik scharf kritisiert. „Vor diesem Hintergrund nehme ich die Landespolitik in die Pflicht. Sie soll endlich die verfügbaren Mittel für den vorgesehenen Ausbau einer vollzeittauglichen institutionellen Kinderbildung und Kinderbetreuung verwenden“, sagt Andreas Stangl.


Eine zentrale Forderung der AK ist auch die Abschaffung der Nachmittagsgebühren. „Uns erreichen täglich Anrufe von verzweifelten Eltern, die angesichts der Teuerungswelle nicht mehr wissen, wie sie die Kosten für die Kinderbetreuung bezahlen sollen. Es ist zu befürchten, dass noch mehr Kinder von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet werden“, sagt AK-Präsident Stangl und fügt hinzu: „Dann wäre es ihnen aber nicht mehr möglich, Vollzeit zu arbeiten, was die Familien angesichts der Teuerungen in noch größere finanzielle Schwierigkeiten bringt.“

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