Wem`s schlecht geht ist selber schuld – oder doch nicht?
Bad Ischl
Stellen sie sich vor, Sie kommen mit einem gebrochenen Bein ins Krankenhaus – dort bekommen Sie ein hoch dosiertes Schmerzmittel und die Aussicht auf einen Arzttermin in drei Monaten. Oder haben Sie die finanziellen Mittel, doch gleich einen Privatarzt zu Rate zu ziehen?
Unvorstellbar in Österreich? Bei psychischen Problemen leider der Normalfall. Kein Geld – längere Wartezeiten!
Was hat gesellschaftliche Ungleichheit mit medizinischer Versorgung zu tun?
Hat unser Gesellschaftssystem Auswirkungen auf das Risiko psychisch zu erkranken? Sind Frauen davon mehr als Männer betroffen? Wer macht die unbezahlte Arbeit im Familiensystem?
Laut Statistik sind ein Drittel der Frauen in Österreich von unterschiedlichen Formen von Gewalt betroffen. Sind diese traumatischen Erfahrungen Auslöser für psychische Erkrankungen?
Die Frauenberatungsstelle Inneres Salzkammergut und die Universität Salzburg - gendup studies, laden zur Buchpräsentation und Diskussion rund um dieses Thema am 25.11. um 19.00 Uhr in die Verlagsbuchhandlung Alte Kurdirektion.
Die Kulturwissenschafterin, Geschlechterforscherin, Podcasterin und Autorin Beatrice Frasl beschäftigt sich in ihrem Buch „Patriarchale Belastungsstörung“ damit, wie sich gesellschaftliche Ungleichheit und psychische Erkrankungen bedingen. Finanziell schwächer gestellte Menschen tragen ein höheres Risiko unter der ständigen Belastung psychisch zu erkranken, haben aber weniger finanzielle Mittel Therapien und Medikamente in Anspruch zu nehmen. Sie zeigt auf, wie stigmatisierend psychische Erkrankungen in der Gesellschaft sein können und zieht Parallelen zur ähnlichen Stigmatisierung durch Armut. Verankert sieht sie dies in der neoliberalen Gesellschaftsvorstellung von „jede(R) ist ihres/seines Glückes Schmid“ und wem es schlecht geht, der hat sich nicht genug bemüht – gesellschaftliche Rahmenbedingungen werden hierbei meist ausgeblendet.
Ein weiterer wesentlicher Punkt ihres Buches ist die Auseinandersetzung mit dem Patriarchat. Sie zeigt auf, dass Frauen aufgrund ihrer gesellschaftlichen Situation nicht nur ein erhöhtes Risiko als Männer für bestimmte Krankheiten haben, sondern dass die Medizin und das gesamte Gesundheitssystem seit Jahrhunderten an Männern orientiert ist. (vgl Romana Westhof, Sendung Buchkritik https://www.deutschlandfunkkultur.de/beatrice-frasl-patriarchale-belastungsstoerung-geschlecht-klasse-und-psyche-100.html)
Die Buchpräsentation und anschließende Diskussion werden von einer kleinen Formation der Genussgeigerinnen aus Bad Ischl begleitet.
Die Veranstaltung ist eine Kooperation der Frauenberatungsstelle Inneres Salzkammergut, der Universität Salzburg – gendup studies, des Frauenhaus Salzkammergut und der Öffentlichen Bibliothek Bad Ischl.