Flachs-Jahreskreis ein Workshop von „Einen Faden Ziehen“

Fotos: Textilforum Salzkammergut
Fotos: Textilforum Salzkammergut

In den verlassenen Räumen von Ebensees ehemaligem Schulgebäude, das seit sechs Jahren leer steht, ertönen wieder fröhliche Gelächter und das Rauschen von Spinnrädern. Die gelben Wände des früheren Klassenzimmers leuchten wieder auf, weil sie zwei Tage lang zum zentralen Treffpunkt eines kleinen Frauenkreises werden, der sich mit einer der ältesten menschlichen Beschäftigungen (wieder) vertraut machen möchte: nämlich der Verarbeitung der Flachsfaser.
Somit begann der Flachs-Jahreskreis, ein Workshop, der Menschen dazu anregt, diese pflanzliche Faser vom Samen bis zum selbstgewebten Gürtel zu begleiten. Die Besonderheit? Der Zeitraum des Workshops, der dem Verarbeitungszyklus von Flachs (also der Pflanze) bis zum Leinen (dem Textil) angepasst wird, und in vier Wochenenden von März bis November aufgeteilt ist. Eine besondere Gelegenheit für die Teilnehmerinnen, eine Beziehung mit dieser Wunderfaser zu knüpfen, die die Menschheit seit Jahrtausenden begleitet hat und heutzutage eine blühende Zukunft erleben könnte.
Geleitet wird dieser Jahreskreis von Christiane Seufferlein, die vor sieben Jahren zu einer Schatztruhe geführt wurde, in der 120 Jahre alte Flachszöpfe aufbewahrt waren, die einer gewissen Berta gehört hatten. Seit diesem außergewöhnlichen Ereignis, das eigentlich aus einem Märchen stammen könnte, bemüht sie sich, das Wissen, die Geschichten und das Handwerk faserbegeisterten Menschen weltweit zu übermitteln. Sie gründete den Verein Bertas Flachs, eine Gilde von textilen Freundinnen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Flachstradition vergangener Zeiten zu erhalten und der Faser eine lebendige Zukunft zu geben.
Als Anfängerin oder fortgeschrittene Spinnerin, einen 120 Jahre alten Flachszopf in die Hand gedrückt zu bekommen und zu spinnen, ist eine wundervolle Art, sich mit früheren Frauenkreisen zu verbinden, die sich ebenfalls versammelt haben, um ihre Lebensfäden zusammen zu spinnen. Das gemeinsame Spinnen erweckt die Geschichten dieser ganzen Frauen, die als Brautgabe von ihren Familien Truhen voll mit feinstem, selbst produziertem Flachs bekommen haben, womit sie sich selber finanziell absichern konnten, falls es nötig war. Christiane bemüht sich, von diesen Frauen die Erinnerungen zu dokumentieren, damit diese kostbaren Geschichten ans Licht gebracht werden.
Jeder Teilnehmerin wird in diesem Workshop die Gelegenheit gegeben, selber den Flachs anzubauen, zu verspinnen, zu färben und zu weben, und sich somit zu vernetzen und dazu beizutragen, dem Leinen in unserer Kunstfaser-Gesellschaft einen neuen Platz zu schaffen... Und was für eine aufregende Aufgabe es ist, vergessenes Wissen mit den Händen und dem Herzen wieder ins Leben zu rufen, in den verlassenen Räumen eines Ortes voller spannender Geschichten, die zur Kulturhauptstadt 2024 gehört...!
Naturfasern als Teil unserer Kultur wieder neu zu entdecken ist eine Aufgabe, der sich die Künstlerin Gabriele Schuller stellt, indem sie das Projekt «Einen Faden ziehen» leitet, im Rahmen der Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024. Auf diese Weise trägt sie dazu bei, textiles Kulturwissen einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

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