Kinder für bevorstehende Erkältungszeit stark machen
Durchschnittlich zwölf fieberhafte Infekte pro Jahr gelten bei Kleinkindern als völlig normal. Kein Wunder, dass viele Eltern in der kalten Jahreszeit das Gefühl haben, der Nachwuchs kommt aus Schnupfen, Husten und Co. gar nicht mehr heraus. Schon jetzt, zum Ende der Sommerferien, denken Mamas und Papas mit Sorge an den Start von Krabbelstube, Kindergarten und Schule und wollen ihre Söhne und Töchter entsprechend rüsten.
Um das Immunsystem rechtzeitig aufzubauen, spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Prim. Priv.-Doz. Dr. Dieter Furthner, Leiter der Kinder- und Jugendheilkunde am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck (SK), gibt Tipps, wie sich Familien am besten vorbereiten können. Er rät Eltern ganz klassisch, sich an die Impf-Empfehlungen im Mutter-Kind-Pass zu halten sowie den Nachwuchs mit der jährlichen Grippe-Impfung vor schweren Infektionen zu schützen. Doch darüber hinaus spielt vor allem die richtige Ernährung der Kleinen eine wichtige Rolle und man sollte ihnen viel Zeit an der frischen Luft gönnen, um ihre Abwehrkräfte zu stärken.
Konfrontation mit Viren ist wichtig für das Immunsystem
Häufige Infektionen im Kleinkindalter, meist harmlose Erkältungen, sind für die Entwicklung eines funktionierenden Immunsystems von großer Bedeutung. Neben dem angeborenen Immunsystem besitzt der menschliche Organismus nämlich auch ein erworbenes Immunsystem, das direkt gegen Krankheitserreger wirkt. Dabei spricht man auch von adaptiver Immunität. Eine Möglichkeit, immun zu werden, ist der natürliche Erstkontakt mit einem Krankheitserreger. Die andere Möglichkeit, ist eine Impfung. Unser Körper entwickelt nach beiden Kontakten Antikörper gegen bestimmte Erreger, wodurch Krankheiten milder verlaufen oder im Optimalfall erst gar nicht ausbrechen können. Wer gegen etwas immun ist, kann sich (entweder für eine bestimmte Zeit oder lebenslang) nicht mehr mit einer bestimmten Krankheit anstecken.
Wer sein Kind beim Aufbau des Immunsystems bestmöglich unterstützen will, sollte es zu regelmäßiger Bewegung motivieren. Körperliche Aktivität kurbelt den gesunden Kreislauf an, die Helfer-Zellen des Immunsystems kommen somit schneller an die Stellen im Körper, wo sie gebraucht werden. Durch die Aktivierung der Muskulatur werden außerdem Hormone gebildet, die für den Abbau von Körperfett verantwortlich sind. Auch dies ist gut für ein kräftiges Immunsystem.
Wer sich regelmäßig bewegt, sorgt auch dafür, dass die Schleimhäute besser durchblutet werden und sich hier mehr schützende Antikörper binden. Krankheitserreger werden somit erfolgreicher bekämpft (oder in Schach gehalten). Kinder und Jugendliche von fünf bis 17 Jahren sollten sich täglich 60 Minuten aktiv körperlich bewegen, so lautet die offizielle Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Prim. Furthner: „Im Idealfall verbringen Kinder mindestens zwei Stunden täglich mit Bewegung an der frischen Luft, egal bei welchem Wetter. Ausreichend körperliche Aktivität sorgt für eine bessere Durchblutung und steigert so die Immunabwehr des Körpers. Wer keine zwei Stunden schafft, für den ist aber auf jeden Fall eine Stunde schon hilfreicher als gar keine Bewegung an der frischen Luft.“
Richtige Ernährung wichtiger als Nahrungsergänzungsmittel
Dass besorgte Eltern auf Eigeninitiative vorbeugend zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen, sieht der Mediziner kritisch. Viel wichtiger als Immunsäfte und Vitamintropfen sei für ihn eine ausgewogene Ernährung. Dazu gehören neben stärkenden Lebensmitteln, die Kohlehydrate und Proteine enthalten, unbedingt frisches Obst und Rohkost. Denn mit ihrem hohen Gehalt an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen tragen sie zu einer guten Versorgung des Körpers bei. Nicht nur für Kinder, sondern für alle Altersgruppen gilt: Fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag sind empfehlenswert, davon mindestens drei aus Gemüse. Wer wegen der Portionsgröße bei Kindern unsicher ist: Als Faustregel gilt, eine Portion ist jene Menge, die in einer Kinderhand Platz hat – das gilt sowohl für kleine als auch größere Kinderhände.
Bei abwechslungsreicher Kost können die meisten wichtigen Vitamine und Mineralstoffe über die Ernährung abgedeckt werden. Nur beim für das Immunsystem wichtigen Vitamin D ist das nicht möglich. Hier wird der Bedarf nur zu zehn Prozent über die Ernährung gedeckt, 90 Prozent werden durch die UV-Strahlen vom Körper selbst gebildet. Nicht zuletzt deshalb, ist es sehr wichtig, auch in der dunklen Jahreszeit regelmäßig im Freien zu sein. Ein Vitamin-D-Mangel ist ein weiterer Grund der Infekthäufung im Herbst und Winter.
Davor, vorsorglich Vitamin-D-Präparate oder andere Nahrungsergänzungsmittel zu nehmen oder zu verabreichen, rät Prim. Furthner ab. Wenn, dann sollte man vorher Rücksprache mit seinem Arzt oder seiner Ärztin halten, denn Vitamine können auch überdosiert werden. Während wasserlösliche Vitamine kaum zu viel werden können, ist eine Überdosierung bei fettlöslichen Vitaminen (A, K, D und E) durchaus möglich. Generell gibt es keine ärztliche Empfehlung zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln, außer für Schwangere, Frauen, die gerne schwanger werden möchten, Neugeborene, Säuglinge sowie VegetarierInnen und VeganerInnen.
Wie kann das Immunsystem noch gestärkt werden?
Neben der richtigen Ernährung inklusive ausreichend Flüssigkeitsaufnahme, viel frischer Luft und Bewegung spielt auch ausreichend Schlaf eine wichtige Rolle für die Funktion des Immunsystems. Der Schlafbedarf ist zwar je nach Altersgruppe und Kind unterschiedlich, jedoch sind regelmäßige Bettgeh- und Aufstehzeiten allgemein wichtig für Kinder. Wer keinen geregelten Schlafrhythmus hat, kann sich nachts nicht so gut regenerieren. Ebenso, wenn es im Schlafzimmer zu warm ist. Die Temperatur sollte nachts maximal 18 Grad betragen. Wichtig, damit Kinder nicht so häufig krank werden, sind zudem Stressreduktion und psychische Ausgeglichenheit.
Ein einfacher Tipp für Eltern, um die Abwehrkräfte der Kinder zu stärken und auch sich selbst etwas Gutes zu tun, ist viel zu Lachen. „Lachen erhöht die Abwehrstoffe im Blut und der Körper schüttet gleichzeitig Glückshormone aus. Dabei macht es nicht nur den Kindern, sondern auch einem selbst Spaß“, rät Prim. Furthner.
Was schadet dem kindlichen Abwehrsystem?
Übrigens kann man dem kindlichen Immunsystem als Erwachsener nicht nur helfen, sondern ihm auch Schaden zufügen: Zigarettenrauch, übermäßige Feinstaubbelastung oder Schimmelpilze in Wohnräumen sind ganz schlecht für die körperliche Abwehr.