In einer anderen Welt - Welttag des Autismus für Verständnis und Inklusion

OÄ Dr.in Klara Humer-Golmayer ist Standortleiterin der Kinder- und Jugendpsychosomatik am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck Fotocredit: OÖG
OÄ Dr.in Klara Humer-Golmayer ist Standortleiterin der Kinder- und Jugendpsychosomatik am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck Fotocredit: OÖG

Der 2. April ist der Welttag des Autismus. Dieser von den Vereinten Nationen (UNO) ins Leben gerufene Tag soll aufzeigen, mit welchen Herausforderungen und Vorurteilen autistische Menschen im täglichen Leben konfrontiert sind. Laut einer Schätzung sind in Österreich rund ein Prozent der Bevölkerung, also ca. 80.000 bis 90.000 Menschen, davon betroffen.

Autismus ist keine Erkrankung, sondern eine Entwicklungsstörung, die in unterschiedlichen Formen auftritt. Die Fachwelt spricht deshalb von Autismus-Spektrums-Störungen (ASS), die Betroffene entsprechend der Ausprägung des Schweregrades in ihrer Wahrnehmung, Kommunikation und Beziehung zur Umwelt schwer beeinträchtigen. Aufgrund von kognitiven, sprachlichen, motorischen und vor allem emotionalen Defiziten ist die Eingliederung in ein soziales Umfeld nur schwer möglich. Erschwerend dazu kommen Verhaltensauffälligkeiten, wie das ständige Wiederholen von gleichen Bewegungen oder das stundenlange Beobachten von bestimmten, monotonen Vorgängen, die sie zu Sonderlingen abstempeln.

Früherkennung wichtig

Die Ursachen für Autismus konnten bis jetzt nicht eindeutig herausgefunden werden, die Wissenschaft geht aber davon aus, dass es sich dabei überwiegend um eine genetische, also angeborene Störung der Hirnfunktion handelt. Auch Umweltfaktoren, wie eine Fehl- bzw. Mangelernährung oder eine problematische Geburt werden als Auslöser diskutiert. Autistische Störungen, die beim männlichen Geschlecht viermal häufiger als bei Mädchen bzw. bei Frauen auftreten, sind nicht heilbar und die meisten Betroffenen sind auf eine lebenslange Betreuung angewiesen. Damit vorhandene, individuelle Fähigkeiten aber zielgerichtet durch verhaltenstherapeutische und sprachunterstützende Maßnahmen gefördert werden können, ist eine frühe Diagnose wichtig.

Ist mein Kind autistisch?

Autismus-Spektrums-Störungen machen sich schon in frühen Lebensphasen bemerkbar. Bereits vor dem dritten Lebensjahr zeigen betroffene Kinder auffällige Verhaltensweisen, wie das Fehlen von Mimik und Gestik oder die Unfähigkeit Gefühle auszudrücken. „Aufmerksam sollte man werden, wenn das Kleinkind seine Eltern nach längerer Abwesenheit nicht vermisst, sich beim Wiedersehen nicht freut oder sonst typische Gesten, wie das Winken mit der Hand nicht macht. Meist können einem die Kinder auch nicht in die Augen schauen oder machen den Eindruck, als würden sie durch einen hindurchschauen. Auch das Verweigern mit anderen Kindern zu spielen, ein nicht adäquates Verwenden von Spielsachen oder stereotype Bewegungsmuster, wie das ständige Schlagen der Hände auf die Ohren oder fächernde Bewegungen vor den Augen, sollten Anlass zu einer kinderärztlichen bzw. kinderpsychiatrischen Untersuchung geben“, rät OÄ Dr.in Klara Humer-Golmayer, Standortleiterin der Kinder- und Jugendpsychosomatik am Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck.

Asperger-Syndrom

Im Gegensatz zum frühkindlichen Autismus machen sich die Symptome beim Asperger-Syndrom erst später bemerkbar. Menschen mit dieser Störung sind ebenfalls in ihrer Fähigkeit soziale Kontakte zu pflegen stark eingeschränkt, zeigen aber häufig eine normale Sprachentwicklung und verfügen über Begabungen und ein ausgeprägtes Interesse für bestimmte Themen. Sie können sich unter anderem über eine sehr lange Zeit intensiv mit Spezialgebieten, angefangen von den Planeten bis zum Geschirrspüler, auseinandersetzen.

Zu viel statt zu wenig

Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung leben in ihrer eigenen Welt und nehmen die Wirklichkeit anders wahr. Wer aber glaubt, dass sie weniger empfinden als andere, irrt. Das Gegenteil ist der Fall, erklärt Dr.in Klara Humer-Golmayer: „Studien zeigen, dass nicht eine Gefühlsarmut, sondern ein Zuviel an Gefühl und eine Überladung mit Informationen eine Überforderung des Gehirns auslösen. Empfindungen werden oft als zu intensiv wahrgenommen, so kann eine leichte Berührung als Schmerz, eine Unterhaltung als röhnender Lärm oder eine Ansammlung von Menschen als gefährliche Bedrohung wahrgenommen werden, weshalb es wichtig ist, Reizüberflutungen möglichst zu vermeiden.“

Inklusion statt Vorurteil

Menschen mit einer Autismus-Spektrums-Störung sind nicht krank und leiden auch nicht an einer geistigen Behinderung. Dennoch werden sie oft aufgrund von Vorurteilen aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Der Welt-Autismus-Tag am 2. April soll dem entgegenwirken, Verständnis schaffen und dadurch eine bessere Inklusion ermöglichen.

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