Der AMERICA’s Cup geht (wahrscheinlich) nach Neuseeland

Vielleicht eine etwas voreilige Feststellung. Aber nachdem den Neuseeländern nur mehr 2 Siege fehlen, den Amerikanern aber 9, scheint die Entscheidung gefallen.

Klare Favoriten – von nahezu allen Experten – waren die Amerikaner. Auf heimischem Boden, vor heimischem Publikum und ausgestattet mit dem etwa zweifachen Budget der Neuseeländer.

Doch es sollte – für Insider nicht ganz unerwartet – anders kommen. Seglerisch – was die Anzahl der Wettfahrten betrifft – haben die Neuseeländer in den letzten Monaten ungleich mehr an Erfahrung gesammelt. Ihr Steuermann (DEAN BARKER – aus einer der reichsten neuseeländischen Familien stammend) war vor Neapel auf den AC World Series auf den kleineren AC 45 Katamaranen und anschließend bei allen Vorausscheidungen gegen die Schweden und Italiener vor San Francisco auf den großen AC 72 Kats dabei. Und wer Dean Barker – einen ruhigen, besonnenen, aber äußerst entschlossen wirkenden Typ - hautnah erlebt hat, hat ihn zumindest als den Amerikanern gleichwertig eingeschätzt.

Die Amerikaner haben monatelang auf 2 gleichwertigen Schiffen gegeneinander trainiert. Training ist aber nicht Wettkampf.

Dazu sind im Vorfeld völlig zu Recht nachteilige Entscheidungen gegen die Amerikaner am grünen Tisch gefallen. Die Amerikaner haben nämlich vor Neapel an einem ihrer beiden Schiffe unerlaubte Gewichtsmanipulationen vorgenommen. Genau dieses Schiff sind unsere Doppel-Olympiasieger HAGARA/STEINACHER vor Neapel gesegelt und wurden nachträglich – zunächst ohne Angabe von Gründen – disqualifiziert. HAGARA/STEINACHER waren aber erst 2 Tage vor den Regatten vor Neapel hundemüde (Jetlag etc.) aus China angekommen und sind zuvor insgesamt erst 2 Stunden auf einem AC 45 Kat gesessen. Sie konnten also unmöglich die Urheber von Gewichtsmanupulationen gewesen sein. Dass die Amerikaner nachher behauptet haben, all das wäre ein Alleingang von 3 amerikanischen Crewmitgliedern gewesen, hat wenig glaubwürdig geklungen.

Jedenfalls haben die Amis nach einer Entscheidung einer internationalen Jury 2 Strafpunkte erhalten – sie müssen 11 Wettfahrten gewinnen, die Neuseeländer 9.

Für das Finale war allgemein war erwartet worden, die Amerikaner würden ein technisch überlegenes, schnelleres Schiff steuern. Dem war aber nicht so, die ersten Wettfahrten sind klar an die Kiwis gegangen, die in punkto Bootsgeschwindigkeit, Taktik, Mannschaftsgefüge und Risikobereitschaft eindeutig überlegen waren. Die Amerikaner waren sprach- und ratlos, haben Modifikationen an ihrem Schiff vorgenommen und ihren Taktiker John Kostecky (gebürtig in San Francisco) gegen den britischen 4-fachen Olympiasieger BEN AINSLIE getauscht. Seither sind die Amerikaner zweifellos schneller bzw. gleichwertig geworden.

Bei den Amerikanern ist übrigens nur ein Amerikaner an Bord, dazu ein Brite und die restliche Mannschaft kommt aus Neuseeland und Australien. Bei den Kiwis sind 9 Neuseeländer und 2 Australier dabei. Schon deshalb sollte der nächste America’s Cup in dieser Region gesegelt werden.

Die Neuseeländer spekulieren zweifellos bereits mit dem Sieg und überlegen, auf welchen Booten in 4 Jahren gefahren werden könnte. Generell denkt man (Aussage Grant Dalton – Teammanager der Kiwis) an ein kleineres Einrumpfboot oder an einen kleineren, pfeilschnellen Katamaran. Auf jeden Fall aber ist man an einer kostengünstigeren Lösung interessiert, um nicht nur Giganten, sondern auch kleineren Sponsoren und Ländern die Möglichkeit zu geben, an den Ausscheidungen teilzunehmen.

Und der Unterfertigte wettet jetzt schon seinen alten Strohhut darauf, dass dann auch ein österreichisches RED BULL-Team mit HAGARA/STEINACHER an den Start gehen wird. RED BULL ist sicher nicht ohne Hintergedanken Helmsponsor des Amerikanischen ORACLE-Teams und Erfinder des Youth America’s Cup. RED BULL plant unauffällig, aber langfristig.

Wer übrigens live bei den letzten Wettfahrten dabei sein will: tägliche Übertragung auf SERVUS TV ab 22.15 h. Details am SERVUS TV-Teletext. Kommentiert wird dort fachmännisch von unseren Doppel- Olympiasiegern Roman HAGARA und Hans Peter STEINACHER. Näheres auch unter redbull.com und am Red Bull You Tube-Kanal.

Text Lois Nagl
Fotos: ACEA/PHOTO GILLES MARTIN-RAGET, ACEA/BALAZS GARDI
ACEA/ABNER KINGMAN
LOIS NAGL

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