20 Jahre EU-Mitgliedschaft – AK fordert Kurskorrektur!

Im Jahr 2015 jährt sich der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union zum 20. Mal. Leider war die EU-Politik in dieser Zeit meist auf „freie Märkte“ anstatt auf sozialen Fortschritt und Verteilungsgerechtigkeit ausgerichtet. Deshalb befindet sich Europa Anfang 2015 in einem kritischen Zustand. „Für eine positive Zukunft der EU braucht es daher eine Kurskorrektur. Statt einer einseitigen Orientierung an Unternehmerinteressen, müssen gute Arbeit für alle und eine faire Verteilung die wichtigsten Ziele der EU-Politik werden. Die Arbeiterkammer setzt sich daher für ein soziales, solidarisches und demokratisches Europa ein“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.

„Ich unterscheide grundsätzlich zwischen der begrüßenswerten politischen Integration Europas und dem politischen Kurs der EU, der sehr kritisch zu sehen ist“, hält der AK-Präsident fest. Dass zwischen den Mitgliedstaaten der EU nach jahrhundertelangen kriegerischen Auseinandersetzungen Frieden herrscht, sei eine immense humanitäre Errungenschaft. Eine Vertiefung der politischen und wirtschaftlichen Kooperation der Staaten Europas sieht er daher positiv: „Den globalen ökonomischen und ökologischen Problemen unserer Zeit kann auf einzelstaatlicher Ebene alleine kaum begegnet werden. Und für Österreich als kleines exportorientiertes Land ist es angesichts des weltweit rauen Wirtschaftsklimas sehr sinnvoll, Mitglied des europäischen Projektes zu sein.“ Daher wäre es gerade aus Perspektive der Arbeitnehmer/-innen falsch, sich von der EU abzuwenden. Vielmehr braucht es ein aktives und vehementes Einmischen in die EU-Politik!

Die Bilanz dieser Politik in den letzten 20 Jahren fällt allerdings alles andere als erfreulich aus. „Europa hat sich in für Arbeitnehmer/-innen wichtigen Bereichen eher zurück als vorwärts entwickelt“, so das nüchterne Resümee des AK-Präsidenten. Es wurde vor allem auf Liberalisierung und Deregulierung der Märkte gesetzt, während soziale Grundrechte und Arbeitnehmerinteressen zu kurz kamen. Kein Wunder, dass sich Europa heute in schlechtem Zustand befindet. In den letzten Jahren stieg die Zahl arbeitsloser Menschen auf mehr als 26 Millionen. Mehr als 120 Millionen EU-Bürger/-innen sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.


Die Arbeiterkammer OÖ fordert anlässlich der 20-jährigen Mitgliedschaft Österreichs einen grundlegenden Kurswechsel der EU-Politik. Dabei ist höchste Eile ist geboten, damit Europas Wirtschaft wieder aus der Krise kommt. Europa braucht dringend soziale und ökologische Zukunftsinvestitionen, zum Beispiel in die Energie- und Verkehrsinfrastruktur, aber auch in Gesundheit, Bildung und Kinderbetreuung. „Diese öffentlichen Leistungen bilden zentrale Säulen für das Funktionieren der europäischen Gesellschaft und müssen daher bei der Berechnung der Defizitgrenzen ausgenommen werden“, fordert Kalliauer. Statt eines ruinösen Kaputtsparens lassen sich solide öffentliche Haushalte mittels einer fairen Steuerpolitik und einer stabilen Wirtschaftsentwicklung erreichen. „Die Bekämpfung von Steuerbetrug sowie eine wachstums- und beschäftigungsfreundliche Steuerpolitik durch eine Entlastung der Bezieherinnen und Bezieher kleiner Einkommen und höhere Beiträge von Vermögenden und Konzernen müssen ganz oben auf der Agenda stehen“, sagt Kalliauer.

Auch die übersteigerte Orientierung an preislicher Wettbewerbsfähigkeit, welche die Staaten in einen Unterbietungswettlauf bei Arbeitseinkommen und sozialen Rechten treibt, führt in eine soziale und wirtschaftliche Sackgasse. So erhöht etwa das brutale Drücken der Löhne in Griechenland und Spanien auch den Druck auf das Lohnniveau hierzulande. Und die einseitige Ausrichtung geplanter EU-Freihandelsabkommen mit den USA oder Kanada an Unternehmensinteressen würde den Druck auf Arbeitnehmer/-innen weiter erhöhen. Für eine positive Zukunft der EU braucht es wirtschaftliche Kooperation statt einer zerstörerischen Konkurrenz. „In der EU leben über 500 Millionen Menschen. Das schafft ein riesengroßes Potential an innereuropäischer Nachfrage, welches es durch faire Löhne und solide Sozialpolitik zu nützen gilt“, argumentiert Kalliauer.

Eine EU-Politik im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet aber auch eine entschlossene Regulierung der Finanzmärkte, die Verankerung von hohen sozialen, ökologischen und arbeitsrechtlichen Mindeststandards, einen Ausbau der Demokratie sowie die Bekämpfung eines einseitigen, intransparenten Lobbyismus. „Ein soziales, solidarisches und demokratisches Europa muss menschenfeindlichen Tendenzen eine klare Abfuhr erteilen und klare Prioritäten zugunsten der sozial Benachteiligten und abhängig Beschäftigten setzen“, fordert der AK-Präsident eine politische Kurskorrektur.

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