„Music Is My Life“

Yuliya Atzmanstorfer ist Musikwissenschaftlerin, Musikerzieherin und Klavierpädagogin. Sie unterstützt die katholische Pfarre Bad Goisern als Kirchenorganistin. Die gebürtige Bulgarin lebt seit 14 Jahren in Bad Goisern und berichtet regelmäßig über musikalische Ereignisse aus Österreich für das bulgarische Nationalradio. Das Konzert der Frauenstimmen der Camerata Kremsegg in Bad Goisern hat sie für die bulgarische Radiosendung „Metronom“ aufgenommen. Im folgenden Text schildert die Musikerin ihre Eindrücke des Konzertes.

Die kleine katholische Kirche in der Goiserer Ortschaft St. Agatha ist eine spätgotische Kirche mit Barockfiguren und wurde Ende des 14. Jahrhunderts erbaut. Sie ist ein Besucher-Highlight für Einheimische und Gäste. Die kleine Barockorgel aus dem frühen 17. Jahrhundert wurde 1832 aus der Pfarrkirche hierher übertragen. Das Instrument verfügt über sechs Register, dabei ist seine tiefste Oktave – die große – eine sogenannte verkürzte Oktave, bei der die meisten Halbtonschritte fehlen. Beim Konzert der Frauenstimmen der Camerata Kremsegg am 23. April in Bad Goisern kam eine der ältesten Orgeln österreichweit leider nicht zum Einsatz. Eine kleine „Entschädigung“ dafür gab es trotzdem: die ausgezeichneten Klavierbegleitungen von Martin Gasselsberger. Aber auch ohne die Orgel hat man an diesem Abend eine besondere, private und edle Atmosphäre spüren können. Das mag an der kleinen Kirche, den schönen Stimmen der neun Sängerinnen, der hochkarätigen Solistin oder dem vielfältigen, interessanten Repertoire des Ensembles liegen. Nein, es gäbe keinen anderen Ort in Bad Goisern, der besser zu diesem Konzert gepasst hätte. So verwandelte sich der Altarraum der Filialkirche in St. Agatha in eine feine Bühne für bemerkenswerte musikalische Werke von bekannten und weniger bekannten Komponisten. Bei den meisten Chorwerken handelte es sich dabei um Namen, welche für sich alleine sprechen, wie bei dem österreichischen Kantaten-Komponisten Franz Burkhart - „Exsultavit“ oder den großen deutschen Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy - „Hebe deine Augen auf“, Johannes Brahms - „Vor dem Fenster“ und Max Reger - „Selig durch die Fluren gehen“, alle vier Stücke a cappella gesungen. Andere drei wunderschöne Beispiele der Sakralmusik stammten aus dem Schaffen zwei bedeutender britischen Komponisten: Andrew Lloyd Webber - „Pie Jesu“ aus Webbers Requiem, das 1986 mit Grammy für beste klassische zeitgenössische Komposition ausgezeichnet wurde, sowie John Rutter mit den romantischen, suggestiven Liedern „A Clare Benediction“ und „The Lord bless you and keep you“, das letzte im Original für vierstimmigen Chor und Orgel geschrieben. In drei Fällen handelte sich um populäre Songs: „I can see clearly“ des amerikanischen Pop- und Reggae-Musikers Johnny Nahs, das Volkslied aus dem Nordosten Englands „The Water of Tyne“ und das Spiritual „This Little Light Of Mine“. Manche Namen aus dem Programmheft gehörten lebenden und aus unterschiedlichen Generationen stammenden Komponisten, wie dem Neuseeländer David N. Childs mit dem elegischen, expressiven Song „Weep No More“, der amerikanischen Komponistin von mehreren hunderten Chor-Titeln Audrey Snyder mit „The Wish“ und dem amerikanischen Komponisten, Dirigenten und Kirchenmusiker Eugene Butler mit „Music Is My Life“. Aus dem Konzertprogramm sind die eigenen Kompositionen der Vokalistin Petra Linecker - „Nothing left to say“ und des Pianisten Martin Gasselsberger - „Piano Solo Improvisation“, sowie sein Song für Stimme und Klavier „Take your time“ hervorzuheben. Bei den solistischen Auftritten begeisterte Petra Linecker mit feinen Melodien, überlegten Nuancen und bewegten Rhythmen. Der Damenchor erzeugte stets einen homogenen Klang und überzeugte mit Emotionalität und Interpretationstalent. Was Artikulation und Phrasieren betrifft, ließ bei den Frauenstimmen der Camerata Kremsegg einiges zu wünschen übrig, insbesondere bei den anspruchsvollen deutschsprachigen Chorwerken. An dieser Stelle könnte man dem Damenchor mehr Mut zur eigenen Musik wünschen. Denn wenn die österreichischen Chöre kaum mehr österreichische Komponisten repräsentieren, wer sonst soll das tun? In den letzten zwei Stücken: dem Spiritual „This Little Light Of Mine“ und Butlers Song „Music Is My Life“ sind die Frauenstimmen aus der Melancholie, den langsameren Tempi und dem langen Atem für ein neues und temperamentvolles Leben aufgewacht. An diesem Abend war die Musik nicht nur ihr Leben, sondern auch unseres.

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