Ehrenpreis für soziales Engagement der Stadt Bad Ischl für Verein „Direkthilfe Welt Drei-Bad Ischl“

Fotos Christoph Lenzenweger
Fotos Christoph Lenzenweger

Mit dem Ehrenpreis für soziales Engagement zeichnet die Stadt Bad Ischl besondere Verdienste und ehrenamtliches Engagement aus. Der Verein „Direkthilfe Welt Drei-Bad Ischl“ hat sich zum Ziel gesetzt, ohne jegliche Gewinnorientierung Fairtrade-Handel zu betreiben, um Projekte für diejenige, die Hilfe benötigen, zu unterstützen. Mit Hilfe vieler ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird der Ischler Weltladen mit fair produzierten und gehandelten Produkten betrieben.

Diese Bemühungen wurden nun mit dem Ehrenpreis für soziales Engagement gewürdigt. Sozial-Stadträtin Ines Schiller, Initiatorin des Ehrenpreises für Soziales Engagement, hob die Vielzahl der Projekte und vor allem jene Menschen, die durch diese Arbeit unterstützt werden konnten hervor, und verwies darauf, dass die Tätigkeit und der Betrieb des Weltladens ausschließlich von den zahlreichen freiwilligen Helferinnen und Helfern gewährleistet wird. Sie dankte auch Christine und Franz Klausecker, von denen die Initiative zur Gründung von „Direkthilfe Welt Drei-Bad Ischl“ ausging.

Bürgermeister Hannes Heide dankte für das ehenamtliche Engagement und erinnerte auch daran, dass der Verein immer wieder kulturelle Veranstaltungen durchführte, um damit auf eindringliche Weise auf die Situation von Ländern der sogenannten dritten Welt aufmerksam zu machen.

Die Skulptur, die Obfrau Klara Loidl und Obfraustellvertreter Rainer Traisch von Bürgermeister Hannes Heide und Stadträtin Ines Schiller entgegennehmen konnten, wurde vom Bad Ischler Künstler Etienne angefertigt.

Obfrau Klara Loidl und Obfraustellvertreter Rainer Traisch bedankten sich, dass die ehrenamtliche Tätigkeit und Arbeit auch öffentlich anerkannt und gewürdigt wird. Sie konnten auch beachtliche Zahlen nennen: Seit Bestehen des Ischler Welt Ladens 1992 wurden ca. € 3,5 Mio fair gehandelte Produkte aus Entwicklungsländern verkauft, und damit die Lebensbedingungen der Produzenten nachhaltig verbessert. Mit rund € 600.000,-- wurden bereits seit 1984 Projekte in den ärmsten Ländern der Welt möglichst direkt unterstützt.

Stadtpfarrer Dechant Mag. Christian Öhler blickte auf die Geschichte zurück und verdeutlichte damit die eindrucksvolle Entwicklung des Vereins. Hier seine Laudatio im Wortlauf:

Begonnen hat alles mit dem Verkauf fair gehandelter Waren einmal monatlich vor der Kirche. 1983 nach einer Jugendstunde der KJ zum Thema Armut in „Dritte-Welt-Staaten“. Franz und Christl Klausecker: „wir wollen nicht nur reden, sondern etwas tun“. Dazu kam ab 1985 zweimal jährlich ein Basar im Pfarrheim.
Vorkämpfer für die Idee war Urban Laimer, der als Privatperson schon früh Fair Trade Lebensmittel verkauft hat. Als die Jugendlichen ihre „Dritte Welt“- Gruppe gegründet haben, sind sie gleichsam in seine Fußstapfen getreten.

Großes Vorbild war den Jugendlichen Margaretha Reitermaier, die Mutter von Ilse. Sie hat Hilfspakete zusammengestellt, für den Transport eingenäht und an viele Entwicklungshelferinnen und Entwicklungshelfer, Ordensschwestern, Patres geschickt. Der damalige Postdirektor, Toni Schaller hat diese von ihrer Wohnung in der Egelmoosgasse zum Versand abholen lassen.

Bei Frau Reitermaier lernte das junge engagierte Team Maria Payong, ein philippinisches Mädchen und den irischen Pater Shay Cullen kennen. Pater Cullen hatte 1974 auf den Philippinen die Stiftung PREDA (Peoples Recovery, Empowerment and Development Assistance Foundation) gegründet, um Folter- und Missbrauchsopfern des Marcosregimes und der US-Amerikaner, die dieses Regime militärisch gestützt haben, zu helfen. Mit den ersten Verkaufserlösen unterstütze das Team Maria Payong beim Studium und die Stiftung PREDA. Heute: Straßenkinder.

Das Anliegen „Fairer Handel“ hat damals Persönlichkeiten jeden Alters miteinander verbunden. Junge -- zwischen 16 und 20 Jahren - wie Franz und Christl Klausecker und ältere Mitstreiterinnen wie die pensionierte Pfarrsekretärin Rosl Laimer, damals schon jenseits der 70, oder Anna Plamberger, Oma von Lemmerer Sigi und Jörg.

Für das Layout des Werbefolders zur ersten Geschäftseröffnung am 06.11.1992 in der Wirerquellgasse 6 stellten sich zwei prominente Werbeträger zur Verfügung: Pfarrer Hans Hammerl in Poncho und Strickmütze für die Alpacawaren und Bürgermeister Georg Nitzler mit einer Lederaktentasche für die Ledertaschen.

Neueröffnung am 3. Juli 1993 in einem Geschäftslokal der Pfarre Bad Ischl,
nach Auflösung der Buchhandlung Neugebauer.
Als das Geschäft umgebaut wurde, musste eine schwere Holzvertäfelung abgebaut werden, die Steinkogler Franz beim Herunternehmen fast erschlagen hätte.

Die Projekte wurden und werden im Verein basisdemokratisch ausgewählt.
Grundlage für die Entscheidung war immer „Direkthilfe“ (ohne Verwaltungskosten auf beiden Seiten) und wenn möglich Lokalbezug. Es waren viele Entwicklungshelfer mit heimatlichen Wurzeln in Österreich (Windischhofer, Kräutler, Leeb, Jagersberger, Mayer u.v. mehr). Es wurden Organisationen unterstützt wie Jugend Eine Welt (früher Don Bosco), Solidarität mit Lateinamerika, Licht für die Welt (früher Christoffel Blindenmission), die Caritas mit deren Schwerpunkten in Entwicklungsstaaten u.v.m. Es wurden aber auch Handelspartnern (EZA und Eine Welt Handel Pirsch in Österreich, El Puente in Deutschland) in schwierigen Zeiten mit einer Anleihe ausgeholfen.

Das für den Laden wohl finanziell größte Projekt war die Errichtung einer Augenklinik in Soddo, Region Wolayta, Äthiopien (300 km südlich von Addis Abeba) mit der Organisation Licht für die Welt.
Benefizveranstaltung im Kongresshaus Bad Ischl. Bei dieser Veranstaltung kamen 400 Besucher und viele von ihnen wurden von Schülerinnen der HBLA Bad Ischl mit verbundenen Augen zu deren Plätzen geleitet.

Beeindruckend waren 2 Projektbesuche und die Freude über eine funktionierende augenärztlich Versorgung, sowie, dass diese von der Bevölkerung gut angenommen wurde (im ländlichen Äthiopien heißt es noch oft, wer ins Krankenhaus muss, muss sterben).

Wichtig war dem Verein entwicklungspolitische Bildungsarbeit zu leisten. Bei Informations- und Musikveranstaltungen wurde Begegnung mit Entwicklungshelfern, Projektpartnern und Handelspartnern ermöglicht.

Unter den Gästen klingende Namen wie Dolores Bauer, Leo Gabriel, Dorothee Sölle, Ernesto Cardenal, Bischof Alois Wagner, die Patres Franz Windischhofer, Alfred Spießberger, Hubert Leeb und noch viele andere.

Lieferanten des Ladens haben den MitarbeiterInnen ihre Produkte nähergebracht und über die Menschen, die sie herstellen berichtet.

Der Sonntag der Weltkirche war stets auch ein wichtiger Anlass, die Verbundenheit mit den Menschen der Dritten Welt in einer Messe zum Ausdruck zu bringen 3 mal die Missa Criolla und 2 mal die Misa Luba. Missa Campesina.

Da die Flüchtlingskrise gerade eins der gesellschaftspolitisch brisantesten Themen darstellt, polarisiert, sei darauf hingewiesen, dass auch bei diesem Thema Personen und Institutionen geholfen wurde und wird.

Eine langjährige Unterstützung (monatlicher Abbucher) wird der Auslandshilfe der Caritas Salzburg gewährt, deren Auslandshilfeschwerpunktländer Libanon, Syrien und Ägypten sind. Die Caritas Salzburg unterstützt und betreut 25 Hilfsprojekte in diesen Ländern.
Stefan Maier als Auslandskoordinator informiert regelmäßig über die Situation in den Flüchtlingslagern im Libanon. Kinderprojekte helfen dort, dass das zum Überleben Notwendige vorhanden ist und Kinder unterrichtet werden.

Mit der Umrüstung der Beleuchtung auf Energiesparlampen und dem Wechsel zur Alpen Adria Naturstrom EnergieAG (100 % Ökostrom nicht nur im Haushaltsbereich!), sowie weiteren umweltschonenenden Maßnahmen im Geschäftsbereich, war der Ischler Weltladen einer der ersten, der als Klimabündnisbetrieb ausgezeichnet wurde.

Die Verleihung des Solidaritätspreises der Kirchenzeitung der Diözese Linz im Linzer Landhaus war ein weiterer Höhepunkt.

Ein Mitgrund, dass es den Laden nun schon über so viele Jahre gibt, ist wohl, dass sich die MitarbeiterInnen von Anfang an als „Ladenfamilie“ verstanden haben und sehr freundschaftliche Kontakte untereinander gepflegt haben.
Für Schlager Walter (seit seinem 30 Lebensjahr) infolge MS auf Rollator und Rollstuhl angewiesen war der Dienst im Geschäft und die damit verbundenen Kontakte zu den Kolleginnen und den Kunden sehr wichtig, und er hat bei allen Stadtfesten, bei denen das Team vertreten waren für die Bewirtung der Gäste gesorgt.

Schediwy Liba hatte sehr wenige soziale Kontakte in Bad Ischl. Sie hat bis zu ihrem 82. Lebensjahr im Geschäft verkauft und bei ihrer Beerdigung, zu der ihre beiden Kinder und eine Freundin kamen, waren es mehrheitlich die Ladenmitarbeiterinnen, die ihr beim Trauergottesdienst die letzte Ehre erwiesen haben.

Abschließend:
Am 9. September 2000 beschlossen 189 Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen mit der Millenniumserklärung einen Katalog grundsätzlicher, verpflichtender Zielsetzungen für alle Mitgliedstaaten. Armutsbekämpfung, Friedenserhaltung und Umweltschutz wurden als die wichtigsten Ziele der internationalen Gemeinschaft bestätigt. Das Hauptaugenmerk lag hierbei auf dem Kampf gegen die extreme Armut: Armut wurde nicht mehr nur allein als Einkommensarmut verstanden, sondern umfassender als Mangel an Chancen und Möglichkeiten.

Für die Umsetzung dieser Ziele gab man sich bis 2015 Zeit und heute, 2018 sind wir noch weit davon entfernt. Eines der Milleniumsziele war es, 0,7 % des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben. In Österreich sind wir, trotz erlaubter Einrechnung der Flüchtlingsbetreuung bei 0,416 %.

Auf die Umsetzung von hochgesteckten Zielen zu warten, es nur der Politik zu überlassen, dass sich etwas zum Besseren verändert ist zu wenig. Es braucht jeden einzelnen von uns. Wir sind in der Verantwortung solidarisch zu handeln, finanzielle Unterstützungen zu geben, wo es uns sinnvoll erscheint, und die politischen Kräfte zu unterstützen, die sich für soziale Gerechtigkeit und Frieden am meisten einsetzen.

Dank an Direkthilfe Welt Drei – Bad Ischl, dass ihr das über die Jahre geleistet habt und leistet.
Motto „Ein Tropfen Hilfe ist mehr als ein Ozean voll Sympathie (war Aufdruck auf einer Jutetasche) und das Motto „Wenn viele kleine Leute, an vielen kleinen Orten, viele kleine Dinge tun, können sie das Gesicht der Welt verändern“ (afrikanisches Sprichwort).

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