Der Stromtod von fünf Waldrappen auf einem Mittelspannungsmast in Oberösterreich wird zum Weckruf für Sicherungsmaßnahmen

Jungvögel im Flug. Stromtod betrifft insbesondere Jungvögel; © Waldrappteam, LIFE Northern Bald Ibis;
Jungvögel im Flug. Stromtod betrifft insbesondere Jungvögel; © Waldrappteam, LIFE Northern Bald Ibis;

Am 21. Juli starben zeitgleich vier Waldrappe durch Stromschlag auf einem ungesicherten Mittelspannungsmast im Gemeindegebiet von Hochburg-Ach in Oberösterreich. Die Vögel nutzten den Mast als Rastplatz und stellten einen tödlichen Kurzschluss zwischen Leitung und Mast her. Am darauf folgenden Tag starb noch ein fünfter Waldrapp am selben Mast.

Gestern wurde der betreffende Mast von der Netz Oberösterreich GmbH durch einen Überbau vorläufig gesichert. Zudem wurde in einem Gespräch zwischen Vertretern der Energie AG OÖ und den Projektbetreibern als gemeinsames Ziel die Sicherung gefährliche Masten im gesamten Gemeindegebiet von Hochburg-Ach bis zur nächsten Brutsaison 2019 definiert.

Gefahr für die noch junge Wildpopulation

Nachdem Anrainer den Vorfall gemeldet haben, war Oliver Habel, Mitarbeiter des europäischen LIFE+ Wiederansiedlungsprojektes, umgehend vor Ort: „Fünf tote Waldrappe sind für uns ein schmerzlicher Verlust. Unsere Wildpopulation wird durch diesen Vorfall nicht akut gefährdet, immerhin umfasst sie inzwischen mehr als 100 Tiere, die Jungvögel dieses Jahres mit einberechnet. Aber die weitere Entwicklung der Burghauser Brutkolonie ist beeinträchtigt.“

Stromtod an Mittelspannungsmasten ist mit Abstand die häufigste Todesursache bei den wildlebenden Waldrappen des Europäischen LIFE+ Projektes, das sich die Wiederansiedlung dieser hochbedrohten Ibisvögl zum Ziel gesetzt hat. Seit 2014 wurden 28 Todesfälle durch Stromschlag registriert, allein 13 davon in Österreich. Da bei rund der Hälfte der Todesfälle die Ursache unbekannt bleibt, ist von einer noch deutlich höheren tatsächlichen Zahl der Verluste durch Stromtod auszugehen.

Umgehender Handlungsbedarf

Johannes Fritz, Leiter des Wiederansiedlungsprojektes: „Die Gefahr von ungesicherten Strommasten für Großvögel ist seit langem bekannt. Aber erst Projekte mit umfassendem elektronischen Monitoring, wie unser Waldrapp-Projekt, zeigen, in welch erschreckendem Umfang Großvögel wie der Waldrapp durch Stromschlag umkommen. Es ist davon auszugehen, dass durch das flächendeckende Netz an Mittelspannungsleitungen auch die Bestände von anderen Arten wie Milane, Störche oder Uhus in ähnlichem Umfang dezimiert werden.“

Anlässlich des aktuellen Vorfalls fordert Johannes Fritz umgehend Maßnahmen: „Ich sehe die Politik ebenso wie die Stromnetzbetreiber in der Pflicht, hier umgehend konkrete Maßnahmen zu ergreifen. Kaum eine andere Bedrohung der Biodiversität kann derart einfach und umfassend behoben werden. Die Isolierung der Stromleiter im Bereich der Masten macht diese Todesfallen zu sicheren Rastplätzen für Großvögel.“

Vorbild Deutschland, Österreich im Fokus

In Deutschland wurden bis Ende 2016 auf der Basis eine gesetzliche Regelung der Großteil der Mittelspannungsmasten gesichert. Seitdem kam es dort bei den Waldrappen nur mehr zu einem Todesfall. Das belegt die Wirksamkeit der Sicherungsmaßnahmen. Allerdings suchen die Vögel aus dem Brutgebiet in Burghausen, Bayern, ihre Nahrung bevorzugt über der Salzach in Oberösterreich und dort waren bislang alle Masten ungesichert. Das wurde den fünf Waldrappen zum Verhängnis.

Konstruktive Zusammenarbeit mit Netzbetreibern, Gemeinden und der Jägerschaft

Schon seit längerem sind die Mitarbeiter des Waldrapp-Projektes mit Stromnetzbetreibern in Österreich im Gespräch, um Strommasten in den Aufenthaltsgebieten der Waldrappe zu sichern. Johannes Fritz: „Der aktuelle Vorfall scheint zum Weckruf zu werden, um längst fällige Sicherungsmaßnahmen zumindest regional umzusetzen. Ich danke der Netz Oberösterreich GmbH für die rasche Sicherung des betreffenden Mastes und ich bin zuversichtlich, dass bis zum Beginn der Brutsaison 2019 das Stromnetz im Gemeindegebiet Hochburg-Ach umfassend gesichert wird. Wir sind auch im Gespräch mit der Salzburg Netz GmbH, um im selben Zeitraum auch gefährliche Masten im Brutgebiet in Kuchl zu sichern. Das sind wichtige Maßnahmen für den Schutz zahlreicher Großvogelarten und somit aktiver Artenschutz!“ Johannes Fritz abschließend: „Zu danken ist in diesem Zusammenhang auch der Gemeindeleitung von Hochburg-Ach, der Stadtverwaltung von Burghausen und der regionalen Jägerschaft, die sich spontan für sofortige Sicherungsmaßnahmen engagiert haben.“

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