Oberösterreich führend bei Sanktionen gegen Arbeitssuchende

Die bisher bekannten Reformvorhaben für die Arbeitslosenversicherung gehen völlig in die falsche Richtung: Wieder setzt Arbeitsminister Martin Kocher auf mehr Druck und mehr Sanktionen. „Ein arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Irrweg“, meint AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und fordert eine arbeitsmarkt- und sozialpolitisch sinnvollere Reform der Arbeitslosenversicherung.


Die Sanktionen gegen Arbeitssuchende sind deutlich angestiegen: In den ersten drei Quartalen 2021 haben – gemessen an den Zugängen in die Arbeitslosigkeit – 15,1 Prozent der Arbeitssuchenden in ganz Österreich für einige Zeit kein Geld vom AMS erhalten. Im Jahr davor waren lediglich 9,3 Prozent der Arbeitssuchenden von Sanktionen betroffen. Oberösterreich ist im Bundesländervergleich sogar „Sanktionskaiser“: 14.772 Sanktionen in den ersten drei Quartalen 2021 bedeuten eine Quote von 18,3 Prozent (in Relation zu den Zugängen in Arbeitslosigkeit).

Die AK Oberösterreich sieht diese Entwicklung sehr kritisch und wird AK-Mitglieder verstärkt unterstützen. Denn selten geht es um Arbeitsunwilligkeit, sondern oft nur um das Versäumen von Kontrollterminen oder tageweises Fehlen bei Schulungen.

„Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, müssen nicht alle Entscheidungen des AMS duldsam hinnehmen. Man kann gegen einen Bescheid Einspruch erheben. Die AK hilft Betroffenen gerne dabei“, sagt AK-Präsident Kalliauer. Beschwerden gegen AMS-Bescheide sind oft erfolgreich: Rund 34 Prozent wurden im Jahr 2020 in Oberösterreich zugunsten der Beschwerdeführenden entschieden.

Abgesehen davon belegen die Fakten, dass es keinen Zusammenhang zwischen Sanktionshäufigkeit und Arbeitslosenquote gibt. Gute Arbeitsmarktdaten und Vermittlungserfolge haben nichts mit Sanktionshäufigkeit zu tun. Im Gegenteil: Aktuelle internationale Studien zeigen, dass mehr Sanktionen zu einem schlechteren Gesundheitszustand führen, was höhere öffentliche Ausgaben im Gesundheitsbereich zur Folge hat. Auch sozialpolitisch und fiskalisch sind mehr und härtere Sanktionen ein Irrweg.

Was bei dieser Diskussion oft übersehen wird: Laut einer WIFO-Studie wälzen Betriebe jährlich 500 Millionen Euro auf die Öffentlichkeit ab, indem sie Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitern/-innen bei Auftragsschwankungen kurzfristig beenden und sie nach einiger Zeit wiedereinstellen. Die AK fordert bessere betriebliche Anreize in der Arbeitslosenversicherung, damit dieses Zwischenparken beim AMS eingedämmt wird.

AK-Präsident Kalliauer: „Für eine menschenwürdige Reform schlagen wir einen stärkeren Berufs- und Entgeltschutz vor. Statt sofortiger Streichung der AMS-Leistung über sechs bis acht Wochen soll es einen stufenweisen Plan bei der Vermittlung von zumutbaren Beschäftigungsangeboten mit dem Ziel der Erreichung der Arbeitsaufnahme geben. Vermittlung darf dabei ausschließlich in existenzsichernde Beschäftigungsverhältnisse, z.B. mit einem Mindestlohn von 1.700 Euro brutto bei Vollzeit, erfolgen.“

Darüber hinaus sollte auch die vierwöchige Wartezeit bzw. Sanktion bei einer Selbstkündigung des Arbeitsverhältnisses gänzlich entfallen. Zudem fordert die AK, dass das AMS keine Arbeitssuchenden an Betriebe vermittelt, bei denen systematische Arbeitsrechtsverletzungen und/oder Anzeigen durch das Arbeitsinspektorat vorliegen.

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