20. Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerkes

Unter dem Motto „Aufgeführt und vorgeführt“ findet von 24. bis zum 27. August 2016 die
20. Sommerakademie des Österreichischen Volksliedwerks in Gmunden im Hotel
Magerl statt.

Anlässlich 20 Jahre Sommerakademie wird am 25. August 2016 mit einem
Festabend im Klostersaal in Traunkirchen gefeiert.
Mehr als 70 Teilnehmer/innen von volkskulturellen Verbänden, Initiativen und Einrichtungen
sowie Musiker/innen, Tänzer/innen, Pädagog/innen (die Sommerakademie
gilt als Lehrerfortbildung), Studierende, Kulturwissenschaftler/innen, Vertreter/innen aus
Wirtschaft und Tourismus aus Österreich, Deutschland und der Schweiz tagen bis
Samstag am Traunsee. Es gibt im Rahmen der Tagung neun wissenschaftliche
Vorträge zu hören, zum Beispiel:
- über Authentizität und Inszenierung von Eva Maria Stöckler, der Leiterin des
Zentrums für zeitgenössische Musik der Donau Universität Krems,
- zu Musik als Dienstleistung von Ulrich Morgenstern, Professor an der Universität
für Musik und darstellende Kunst Wien sowie
- über Frauen in der tradierten Musikzierpraxis im 20. Jahrhundert durch Armin
Griebel von der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik in Deutschland.
Dazu finden Workshops wie ein offenes Singen mit der oberösterreichischen Musikerin
Johanna Dumfart statt, und Beispiele aus der Praxis wie zum Lecher Musikantentag, zu
„Heimatabend“ und zu Tanzkulturen als Dialog werden vorgestellt.
Festabend in Traunkirchen:

Anlässlich 20 Jahre Sommerakademie lädt Landeshauptmann Dr. Josef
Pühringer, Präsident des Österreichischen Volksliedwerks am 25. August 2016
um 19.30 Uhr zum oberösterreichischer Festabend mit dem „tschejefem Trio“
aus dem Mühlviertel und Gstanzlsängerin Luise Pape, sowie der
“Goaswandmusi“ aus dem Salzkammergut in den Klostersaal in Traunkirchen
ein.

In jenen 20 Jahren, die die Sommerakademie vorwiegend in Oberösterreich
stattfindet, hat sie immer wieder wichtige Impulse zur Volkskultur gegeben,
erklärt Landeshauptmann Josef Pühringer, der seit Beginn der
Sommerakademien in den 1990er Jahren diese in unterschiedlichen Funktionen
begleitet. „Gerade in der Volkskultur, die so sehr von der Praxis lebt, ist
wissenschaftliche Analyse und Begleitung wichtig, weil sie das Fundament, auf
dem die Volkskultur steht, aufzeigt.“
„aufgeführt und vorgeführt“

Die Verwertung von ‚Volkskultur’ stößt sich oft mit dem Postulat der Echtheit, die sich
von Präsentationen auf der Bühne fernhalten sollte. Solche Vorstellungen der
Intellektuellen haben mit historischen Praxen nichts zu tun. Für Volkskultur gab es
immer Bühnen und in der Regel wurden Musizierende und Akteure der Bräuche für ihre
Aufführungen entlohnt. Schon in Stadtrechnungen und anderen Ausgabenbüchern des
Mittelalters tauchen die Zahlungen als „Reichnisse“ auf. Im Verlauf des 19.
Jahrhunderts bildeten sich bei den gesellschaftlichen Eliten Mythen einer romantisierten
Idee von Volkskultur aus. Sie sahen die im Volk selbst entstandene Kultur als
prinzipielles Gegenstück zur Hochkultur. Volkskultur durfte nicht kommerziell sein. Rein
und nicht verderbt, sollte sie ihren „Sitz im Leben“ haben und anders als die Hochkultur
nicht ‚aufgeführt und vorgeführt’ werden.

Der bürgerliche Blick von außen, aufs „Volk“, hat Volkskultur, Lieder, Trachten und
Bräuche in nationale Selbstbilder und dann bald in den frühen Tourismus eingegliedert.
Tourismus machte Armutsgebiete zu oft blühenden Dienstleistungsregionen. Er wurde
zum Agenten der Modernisierung und nutzte – hochmodern – die als historisch
bezeichnete Volkskultur als Markenzeichen. Professor Dr. Konrad Köstlin, Leiter der
Wissenschaftlichen Kommission des Österreichischen Volksliedwerks, Programmdirektor
der Sommerakademie und seit 20 Jahren bei der Sommerakademie dabei,
meint dazu: „In Österreich scheint Volkskultur besonders in touristischen Regionen
lebendig und auffällig. Auf Heimatabenden und Brauchtumsfesten vorgeführt, wird sie
auch zur lokalen Selbstfeier. Viele ihrer Formen würden ohne den Tourismus heute
nicht existieren. Auf Volkskultur gegründete Identität funktioniert nicht selbstgenügsam,
sondern bedarf der Bühnen, der Zustimmung und des Beifalls der Anderen.“
In unserer Moderne bekommt Volkskultur eine neue Bedeutung. Ihre
Medienbezogenheit und die Vielfalt der Repräsentationsformen von Gruppen, Vereinen
und Initiativen aller Art stoßen sich mit den alten Aufführungspraxen und deren Bildern.
Dabei ist die Präsentation auf der Bühne keine Einbahnstraße: Bühnenpraktiken halten
Einkehr in populäre Präsentationen von Volkskultur und auch die Gegenrichtung
funktioniert. Das führt zu neuen Fragen: Wie und wo haben sich Aufführungspraxen wie
auch Akteure gewandelt? Wann können neugeschaffene Kontexte als authentisch
verstanden werden? Konkret und weiter gefasst: Was bedeutet die Verbindung von
Marketings und Volkskultur? Unter welchen Bedingungen verändern sich Formen der
Performanz? Ist die Bühne als einer der Orte, an denen sie präsentiert wird, heute
legitim, gewöhnlich? Diese aktuellen Fragen werden bei der Sommerakademie 2016
diskutiert.

20 Jahre Sommerakademie
Die jährlich stattfindende Sommerakademie Volkskultur als Dialog wird seit
1992 mit Unterbrechungen abgehalten. Sie ist eine Diskussionsplattform, die
sowohl den praktischen als auch den theoretischen Zugang zur Volkskultur zu
hinterfragen und zu überprüfen versucht. Ziel dieser jährlichen
Veranstaltungsreihe ist es, das breite Betätigungsfeld der Volkskultur zu
reflektieren und Brücken zu schlagen zwischen jenen, die Volkskultur leben, und
jenen, die sich wissenschaftlich damit beschäftigen. 1800 Personen haben in
diesen 20 Jahren Vorträge und Konzerte angehört sowie an Exkursionen und
Workshops teilgenommen. In all den Jahren boten 400 Personen aus
Wissenschaft und Praxis ein vielfältiges, stets ein vom aktuellen Zeitgeist
geprägtes Programm. Denn Volkskultur ist ein lebendiger Dialog zur
Selbstvergewisserung unserer modernen Lebenswelt.

Vergangene Themen, Termine und Orte der Sommerakademien
- 2015: Musik und ihre Orte (26. - 29. August, Gmunden)
- 2014: Wir und die Anderen (27. - 30. August, Gmunden)
- 2013: Migration, Ein - und Ausschlüsse, Vermittlungen (28. - 31. August,
Gmunden)
- 2012: Körper - Verhältnisse (22. - 25. August, Weyregg am Attersee)
- 2011: Formen der Vermittlung - Konzepte für morgen (24. - 27. August, Weyregg
am Attersee)
- 2010: Musik.Tanz.Mundart. Anmutungen des Archaischen
(25. - 28. August, Weyregg am Attersee)
- 2009: Männer/Frauen/Volkskultur (26. - 29. August, Stift Reichersberg am Inn)
- 2008: Volkskultur als Dialog (28. - 31. August, Stift Reichersberg am Inn)
- 2002: Nachbarschaften III - (25. – 30. August, Schloss Krastowitz, Kärnten)
- 2001: Nachbarschaften II - Vorarlberg, Schweiz, Deutschland (26. - 31. August,
Viktorsberg, Vorarlberg)
- 2000: Nachbarschaften - Die Kultur des Miteinander und Nebeneinander (3. - 8.
September, Schloss Kittsee, Burgenland)
- 1999: Form und Sinn - zum Beispiel Architektur, Sprache, Musik (11. - 15.
August, Altmünster)
- 1998: VolksKulturArbeit – Sinn und Chance? (August, Altmünster)
- 1997: VolksKulturArbeit (13. – 17. August, Altmünster)
- 1996: Spiele - Phantasie und Strategie (16. - 23. August, Altmünster)
- 1995: Ordnungen - Soziale Ordnung und Tradition (18. - 25. August, Altmünster)
- 1994: Weg und Raum - Über Heimat und das Reisen (26. August - 3. September,
Altmünster)
- 1993: Volkskultur - Forschung, Pflege, Kulturmanagement (27. August - 4.
September, Altmünster)
- 1992: Volkskultur und Volksmusik – Aus Wissenschaft, Praxis und Politik (22.
August - 4. September, Schloss Traunsee, Altmünster)

Das Programm der Sommerakademie 2016
Mittwoch, 24. August 2016
16.00 – 18.00 Uhr
-) Zur Einführung. Konrad Köstlin, Vizepräsident und Leiter der Wissenschaftlichen
Kommission des Österreichischen Volksliedwerks
-) Präsentation des Jahrbuchs des Österreichischen Volksliedwerks, Band 65. Erna
Ströbitzer, Redaktion Österreichisches Volksliedwerk
-) „Entschuldigen Sie, ich hätte gerne noch ein Achterl” - gelebte und inszenierte
Identitäten im Zitherspiel. Gertrud Huber, Musikerin und Musikwissenschaftlerin
19.30 Uhr
Empfang im Rathaus der Stadt Gmunden
Donnerstag, 25. August 2016
9.00 – 12.00 Uhr
-) Wa(h)re Tradition: Volksmusik zwischen Authentizität und Inszenierung. Eva Maria
Stöckler, Leiterin Zentrum für Zeitgenössische Musik Donau-Universität Krems
-) Frauen in der tradierten Musikpraxis auf dem Land im 20. Jahrhundert. Armin
Griebel, Forschungsstelle für fränkische Volksmusik der Bezirke Mittel-, Ober- und
Unterfranken
-) Tanzkulturen als Dialog. Präsentiert und praktiziert? Gunhild Oberzaucher-
Schüller, Tanzhistorikerin
15.00 – 17.00 Uhr
-) Wastl Fanderl (1915-1991) - Impulse und Neuerungen. Zur kritischen Quellen-Edition
und Biografie durch Karl Müller 2012. Michael J. Greger, Wissenschaftlicher
Mitarbeiter am Salzburger Landesinstitut für Volkskunde
-) Fasnachtsbräuche und Kommunikation. Thomas Nussbaumer, Department für
Musikwissenschaft / Fachbereich Musikalische Ethnologie (Innsbruck), Universität
Mozarteum
19.30 Uhr Klostersaal Traunkirchen
Oberösterreichischer Festabend mit dem „tschejefem Trio“ aus dem Mühlviertel
und Gstanzlsängerin Luise Pape sowie der “Goaswandmusi“ aus dem
Salzkammergut
Freitag, 26. August 2016
9.00 – 12.30 Uhr
-) Volkslieder im Musikunterricht in Österreichs Pflichtschulen. Historische
Entwicklungen und Problemfelder im 20. Jahrhundert im Spiegel ausgewählter
Schulliederbücher. Peter Gretzel, Archivleiter NÖ Volksliedarchiv der Volkskultur
Niederösterreich GmbH
-) Leier, Trumscheit, Dudelsack. Musikinstrumente im Folk-Revival der DDR. Ralf
Gehler, Zentrum für Traditionelle Musik am Freilichtmuseum für Volkskunde Schwerin-
Mueß in Deutschland
-) Radio und Fernsehen als Bühne für volksmusikalische Auf- und Vorführungen. Die
Geschichte eines stilkundlichen Missverständnisses. Walter Deutsch, Ehrenpräsident
Österreichisches Volksliedwerk
15.00 – 19.00 Uhr
-) Partizipation beim Singen. 20 Jahre Offenes Singen im Wiener
Volksliedwerk. Susanne Schedtler. Geschäftsführerin und Archivleiterin Wiener
Volksliedwerk
-) Volksmusik als partizipative Musik? Zur Vorstellung eines ethnomusikologischen
Konzeptes und dessen Anwendung auf heimische Volksmusik. Florian
Wimmer, Doktoratsstudent der Musikwissenschaft am Institut für Ethnomusikologie der
Kunstuniversität Graz
-) Der „Heimatabend“ auf dem Weg zum „Tiroler Abend neu“ – Grenzen und Genres
überschreitende Entwicklungen zwischen Tirol und Vorarlberg. Walter
Meixner, Musikpädagoge und Musikwissenschaftler
-) Workshop: Offenes Singen mit Johanna Dumfart, Musikerin und Pädagogin

Samstag, 27. August 2016
9.00 – 12.00 Uhr
-) Musik als Dienstleistung. Traditionelle Praxis und pflegerischer
Kommerzialitätsdiskurs. Ulrich Morgenstern, Institut für Volksmusikforschung und
Ethnomusikologie an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien
-) Zillertal - London - New York. Die frühen Tourneen der Geschwister Rainer und
Rainer Family (1822-1843) und die Popularisierung von Tiroler Liedern. Sandra
Hupfauf, Projektmitarbeiterin am Institut für Musikwissenschaft der Universität
Innsbruck
-) Lecher Musikantentag. Anita Frühwirth, Vorsitzende Vorarlberger Volksliedwerk
-) Im Anschluss Resümee, Ausblick und Diskussion mit Justin Stagl, Universität
Salzburg

Alle Programmpunkte sind öffentlich zugänglich, bieten im Anschluss Zeit für
Diskussion und finden, sofern nicht anders vermerkt, im Hotel Magerl in Gmunden statt.
Das Programm ist in Zusammenarbeit mit der Wissenschaftlichen Kommission des
Österreichischen Volksliedwerks entstanden.
Teilnahme
3 Tage: € 310
2 Tage: € 210
1 Tag: € 110 (inkl. Übernachtung)
1 Tag: € 50 (inkl. Verpflegung)
Die Teilnahme am Festabend ist kostenlos

Das Österreichische Volksliedwerk
Das Österreichische VolksLiedWerk ist der Dachverband der Volksliedwerke der
Bundesländer mit Standort in Wien. Seit seiner Gründung 1904 zählen Sammlung,
Archivierung, Dokumentation und Vermittlung der musikalischen Volkskultur in
vergangenen und gegenwärtigen Erscheinungsformen zu den Hauptaufgaben der
Institution. Dabei ergeben sich für die Zentrale spezifische Aufgaben im Bereich der
Sammlungsstrategien, Öffentlichkeitsarbeit Vernetzung sowie auch in wissenschaftlich
konzeptionellen Belangen. Damit steht das Österreichische Volksliedwerk seit vielen
Jahren als Mittler zwischen angewandten und wissenschaftlichen Aspekten der
Volkskultur. Ziel ist, die regionale musikalisch-kulturelle Vielfältigkeit festzuhalten,
weiterzugeben, das selber Tun und die Kreativität zu fördern, um damit nachhaltig zur
Verlebendigung und Erhaltung des kulturellen Erbes beizutragen.

Weitere Meldungen