Hilferufe berufstätiger Eltern werden immer lauter

In den vergangenen zwei Wochen mehrten sich die Anrufe in der AK von völlig erschöpften und ratlosen berufstätigen Eltern, die nicht wissen, wie es mit der Kinderbetreuung weitergehen soll. Viele von ihnen sollen kleine Kinder bei voller Arbeitsleistung im Home-Office betreuen – ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem sollen viele berufstätige Eltern in den kommenden Wochen wieder an ihre Arbeitsplätze zurückkehren und brauchen spätestens dann eine Lösung für die Kinderbetreuung. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer fordert deswegen von der zuständigen Landesrätin Haberlander: „Schaffen Sie umgehend Orientierung, einheitliche und transparente Regelungen für die Abwicklung der institutionellen Kinderbetreuung in Oberösterreich!“

Aus den Gesprächen mit ihren Mitgliedern weiß die AK, dass die Bandbreite der Praktiken im Zusammenhang mit der institutionellen Kinderbetreuung in den 438 oberösterreichischen Gemeinden recht groß ist. Eltern verzweifeln daran, dass es von Seiten des Landes Oberösterreich, aber auch der Gemeinden, kaum Perspektiven gibt. So

gibt es Gemeinden, die unverändert ausschließlich Kinder von Eltern aufnehmen, die in systemerhaltenden Berufen arbeiten. Aber was sind systemerhaltende Berufe? Was als systemerhaltend definiert wird, variiert offensichtlich von Gemeinde zu Gemeinde. Während in der einen Gemeinde nur Kinder von Beschäftigten in der Pflege, von Ärztinnen und Ärzten und aus dem Handel betreut werden, werden in anderen Gemeinden auch Kinder von Beschäftigten aus anderen Branchen aufgenommen.

AK-Präsident kritisiert generell, dass von tausenden Eltern seit Wochen verlangt wird, im Home-Office volle Arbeitsleistung zu erbringen und gleichzeitig die Kinder zu betreuen: „Kinder sind keine Puppen, die man einfach stundenlang in eine Ecke setzt, um währenddessen Arbeit zu erledigen. Gerade kleine Kinder brauchen ständige Aufmerksamkeit und Beschäftigung. In Familien mit schulpflichtigen Kindern müssen die Eltern ganz nebenbei in die Rolle von Lehrerinnen und Lehrern schlüpfen. Die Grenzen der Belastbarkeit sind deswegen bei vielen Eltern überschritten, weil sie unter tags die Kinder betreuen und dann spät abends bis in die Nacht hinein noch ihre Arbeit erledigen müssen. Das ist ein untragbarer Zustand für die Eltern und auch für die Kinder“, so Kalliauer.

In einigen – aber eben nicht allen – Gemeinden wird für alle Kinder, für die von den Eltern ein dringender Betreuungsbedarf aufgrund Berufstätigkeit angemeldet wird, auch ein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt. Dabei kommt es aber vor, dass Eltern als unglaubwürdig abgestempelt werden und im Rahmen der Bedarfserhebung die Arbeitszeiten der Eltern vom Dienstgeber auszufüllen sind. Nicht zuletzt melden sich auch immer wieder verzweifelte Eltern bei der AK, die in ihrer Wohnsitzgemeinde mit den Worten „Wir betreuen Ihr Kind nicht abgewiesen werden.

In den kommenden Wochen müssen immer mehr berufstätige Eltern im Zuge des schrittweisen Hochfahrens wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Für viele von ihnen ist im Moment noch völlig unklar, wie die Betreuung ihrer Kinder dann sichergestellt wird. Große Verunsicherung herrscht auch in der Frage, wer denn aktuell bei der Kinderbetreuung aushelfen darf. Großeltern fallen derzeit in diesem Punkt generell aus, und aufgrund der aktuellen Ausgangsbeschränkungen hat es unverändert den Anschein, dass Kinder auch nicht zu anderen (nicht im selben Haushalt wohnenden) Personen zur Betreuung gebracht werden dürfen bzw. niemand anderer zu diesem Zweck zu den Kindern kommen darf. Die AK hat eine Anfrage an das Service für Bürgerinnen und Bürger des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gestellt: Ob unter den Punkt 3 „Anderen Menschen helfen“ bei den erlaubten Gründen, das Haus zu verlassen, auch die Hilfe bei der Betreuung von Kindern fällt. Und erhielt zwar eine Rückmeldung per E-Mail, in der die Frage allerdings nicht beantwortet wurde: „Der Personenkreis und die Prozesse hinsichtlich der Risikogruppen werden erst definiert. Die Auskunft darüber wird im Anschluss daran auf unserer Webseite veröffentlicht.“ In diesem Punkt lässt das Ministerium die Familien also weiterhin im Unklaren.

Aber nicht nur die Eltern sind verunsichert, sondern auch die Einrichtungen selbst – vor allem in der Frage der Sicherheitsvorkehrungen sowohl für die Kinder als auch für die Beschäftigten. „Jetzt braucht es vom Land Oberösterreich Klarheit, wie es weitergeht, damit Beruf, Familie und Gesundheit weiterhin gut vereinbart werden können. Wie kann ein Normalbetrieb schrittweise realisiert werden? Gibt es künftig kleinere Gruppen? Was ist hinsichtlich Personalschlüssels und Gruppenräume geplant? Das alles sind Fragen, mit denen man die Eltern, das Personal in den Einrichtungen sowie die Gemeinden und einzelnen Träger in der sechsten Woche nach dem Lockdown nicht mehr im Regen stehen lassen darf“, so der Appell von Kalliauer in Richtung der zuständigen Landesrätin Christine Haberlander.

Zusätzlich seien die Gemeinden bzw. Einrichtungen hier bei der Organisation, aber auch bei der finanziellen Bewältigung der Einnahmeausfälle zu unterstützen, so Kalliauer.

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