Ziegenhaltung ist erfolgreiche Produktionssparte

Bildnachweis: LK OÖ
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Der Einstieg in die Ziegenhaltung war für viele Betriebe in den letzten Jahren eine interessante Alternative. Die Nachfrage nach Produkten aus Ziegenmilch entwickelt sich positiv, doch muss auch in dieser Produktionssparte mit spitzem Stift gerechnet werden, um ein entsprechendes Betriebseinkommen zu erwirtschaften.

Dies gilt besonders für die Milchlieferungen an Molkereien. „Für die Ziegenhalter liegen die Chancen in der optimalen Grünlandverwertung und in kostengünstigen Haltungssystemen. Dieser Betriebszweig ist für viele bäuerliche Betriebe eine gute Basis, doch bedarf es in der Nischenproduktion einer hohen Innovationskraft und Eigenverantwortung“, erläutert Franz Reisecker, Präsident der Landwirtschaftskammer OÖ.

Die Ziegenhaltung in Oberösterreich zeigt in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung. In unserem Bundesland werden derzeit rund 29.000 Ziegen gehalten. Dies sind 30 Prozent des gesamten Ziegenbestands in Österreich. OÖ ist dabei das Ziegenland Nummer eins, gefolgt von Tirol und Niederösterreich. „Ein Grund für diesen Anstieg ist sicher darin zu finden, dass sich viele innovative Bäuerinnen und Bauern durch die Möglichkeit der Lieferung von Ziegenmilch an eine Molkerei auch mit relativ geringer Flächenausstattung einen Neben- oder Vollerwerb sichern konnten“, so Reisecker. Nahezu die Hälfte des oberösterreichischen Ziegenbestandes wird in Herden von 100 bis 250 Ziegen gehalten. Der Anteil an Bio-Betrieben liegt in diesem Bereich bei fast 85 Prozent und ist damit außergewöhnlich hoch. Naturnah und regional erzeugte Lebensmittel erfreuen sich besonders in den letzten Jahren großer Beliebtheit beim Konsumenten.

Direktvermarktung hat den Markt aufbereitet
Dass Produkte aus Ziegenmilch beim Konsumenten heute einen hervorragenden Ruf genießen, ist ein wesentlicher Verdienst jener Ziegenhalter, die zum Teil schon seit den 2/7
1980-er Jahren ihre Ziegenmilch selbst zu Käse verarbeiten und direkt an die Konsumenten verkaufen, sei es ab Hof oder über Bauermärkte bzw. Wochenmärkte.
Nachdem die Milchziegenhaltung nach dem Krieg fast verschwunden war und die meisten Konsumenten Ziegenmilchprodukte kaum mehr kannten, haben diese Pioniere den Markt neu aufbereitet und Ziegenkäse wieder salonfähig gemacht. Rund 70 Betriebe veredeln in der Direktvermarktung etwa 2 Mio. Liter Ziegenmilch jährlich zu Käse, Joghurt und anderen Produkten. Die durchschnittliche Bestandsgröße der direktvermarktenden Betriebe liegt bei ca. 45 Milchziegen.

Molkereien schaffen Absatzpotenzial im Lebensmittelhandel
Nicht jeder Ziegenbetrieb hat auf Grund der regionalen Marktgegebenheiten und seiner personellen Ressourcen die Möglichkeit zur Direktvermarktung. Und nicht jeder Konsument hat die Möglichkeit, ab Hof oder bei einem Bauermarkt einzukaufen. Die Molkereien bauten das im Handel angebotene Produktsortiment in den letzten Jahren weiter aus. Im vergangenen Jahr wurden rund 7,5 Millionen Liter Milch von oberösterreichischen Ziegenbetrieben an Molkereien geliefert. Abnehmer sind die Andechser Molkerei Scheitz (Bayern), die Biogenossenschaft Schlierbach (Stift Schlierbach), Leeb Vital (Wartberg) und die Sennerei Zillertal (Mayrhofen). Weiters liefern einige Betriebe konventionelle Ziegenmilch an die Mo lkerei Ploner, „Die Käsemacher“ (Waidhofen an der Thaya). Neben Frischkäse, Frischmilch, Topfen und Joghurt werden auch Schnittkäsesorten und Trockenmilch erzeugt.

Kitzfleisch – eine saisonale Spezialität
Kitzfleisch, das Fleisch junger, hauptsächlich mit Milch gefütterter Jungziegen, ist eine bei Konsumenten noch weithin unbekannte Spezialität. Es wird auch nicht ganzjährig angeboten, sondern in einem Zeitraum etwa ab Ostern bis in den Frühsommer hinein.
Dies hat den Grund darin, dass die Kitze großteils in einem Zeitraum von etwa drei bis vier Monaten ab Jahresbeginn geboren werden. Die nicht zur Zucht benötigten Kitze werden mit Milch etwa acht bis 14 Wochen gefüttert und bringen dann ein sehr zartes, schmackhaftes Fleisch. Nicht nur zu Ostern, sondern bis in den Sommer hinein kann es bei den Direktvermarktern ab Hof oder auf Bauernmärkten als regionale Spezialität gekauft werden. Darüber hinaus findet sich Kitzfleisch vor allem in der Spitzengastronomie. Ziegenfleisch ist eine gesunde Ergänzung zu anderen Fleischsorten und insbesondere zu Wurst- und Pökelwaren verarbeitet ein Genuss.

Beratungsschwerpunkte in der Ziegenhaltung
Gerade Betriebe, die neu in die Ziegenhaltung eingestiegen sind, brauchen Unterstützung von landwirtschaftlichen Fachberatern, um ihren Betrieb wirtschaftlich erfolgreich führen zu können. Die Landwirtschaftskammer OÖ sieht daher die Beratung der Ziegenhalter als wichtiges Aufgabenfeld. „In Arbeitskreisen mit dem Schwerpunkt Milchproduktion, die vom Referat für Schaf- und Ziegenhaltung der Landwirtschaftskammer OÖ betreut werden, unterstützen wir die Ziegenzüchter- und

Ziegenhalter dabei, ihren Betrieb und die gesamte Ziegenhaltung zu optimieren“, so 3/7
Reisecker. In Zusammenarbeit mit dem Landesverband für Ziegenzucht und -haltung OÖ werden die Betriebe betreut. Um den Landwirten eine bestmögliche und individuelle Beratung zu bieten, sind zahlreiche persönliche Gespräche notwendig. Besonders bei anfänglichen Unklarheiten und Fragen welche im Zuge des Neueinstiegs auftreten, ist die Beratung und Betreuung der Betriebe wichtig. Dies stellt eine Herausforderung sowohl für die Berater des Schaf- und Ziegenreferats der Landwirtschaftskammer OÖ als auch für die Mitarbeiter des Landesverbands für Ziegen OÖ dar.

Das Ländliche Fortbildungsinstitut der Landwirtschaftskammer OÖ (LFI) bietet ein umfangreiches Weiterbildungsprogramm für Betriebe mit Ziegenhaltung. Damit können die Landwirte ihr Wissen rund um den „kleinen Wiederkäuer“ erweitern und verbessern.
„W ir wollen die Rahmenbedingungen für diesen Produktionszweig, insbesondere das Management betreffend, optimal gestalten und verbessern“, so Reisecker abschließend.
Oberösterreich ist ein wichtiges Ziegenland. Knapp ein Drittel aller Tiere in Österreich sind in OÖ.

Zuchtziegen aus Oberösterreich sind gefragt
Neben hochwertigen Qualitätsprodukten wie Ziegenmilch und Fleisch produzieren die
oberösterreichischen Ziegenzüchter auch genetisch beste Zuchttiere. „Der Verkauf von Zuchtziegen ins In- und Ausland ermöglicht unseren Ziegenzüchtern eine deutliche Verbesserung des wirtschaftlichen Ertrags aus der Ziegenhaltung“, ist Josef Stöckl, Obmann des OÖ Landesverbandes für Ziegenzucht und -haltung, überzeugt.
Extensive Ziegenrassen und Fleischziegen leisten darüber hinaus einen wertvollen Beitrag zur Offenhaltung der Kulturlandschaft.

Hauptaufgaben des Verbandes
Der oö. Landesverband der Ziegenhalter ist die Interessenvertretung einer im Vergleich eher kleinen Produktionssparte, die sich in den letzten Jahren sehr positiv entwickelt hat.
Hauptaufgaben des Verbandes sind die Durchführung der Zuchtprogramme für die vier betreuten Ziegenrassen, die Interessenvertretung in Fragen der Ziegenzucht und wesentlich auch die Vermittlung von qualitativ hochwertigen Zuchtziegen an Käufer im In - und Ausland sowie die Vermarktung von Schlachtkitzen. Die rasante Zunahme des Zuchtziegenbestandes in Oberösterreich in den letzten Jahren stellte hier den Verband vor beachtliche Herausforderungen. So hat die Zahl der im Zuchtbuch eingetragenen Ziegen seit 2010 von damals 6.600 Tieren auf aktuell 9.400 Tiere zugenommen. Hauptrasse ist mit einem Anteil über 80 Prozent die Rasse „Saanenziege“, eine sehr leistungsstarke Milchziegenrasse.

Weitere vom Verband betreute Rassen sind die Gemsfarbige Gebirgsziege, die Anglo Nubier Ziege und die Burenziege.

Tiergesundheit als Kriterium für den Zuchttierverkauf
Die Herausforderung für die Herdebuchzucht besteht darin, die züchterisch hochwertigsten Tiere für die weitere Zucht auszuwählen und damit die Leistung wie auch die Nutzungsdauer der Nachkommen zu verbessern. Hauptkriterien sind dabei die Milchleistung, ein der Zuchtrichtung entsprechender optimaler Körperbau, die Lebensleistung und die Fruchtbarkeit. Ein wichtiges Ziel des Verbandes ist auch ein hoher Tiergesundheitsstatus der betreuten Zuchtherden. Die Züchter sind daher unter anderem verpflichtet, an Tiergesundheitsprogrammen des OÖ Tiergesundheitsdienstes teilzunehmen, um die Bestände frei von bestimmten infektiösen Erkrankungen zu halten. Ein Teil der Betriebe beteiligt sich darüber hinaus auf freiwilliger Basis an zusätzlichen Programmen. Dieser Tiergesundheitsstatus, mit dem der oberösterreichische Verband eine Spitzenstellung im Bundesländervergleich einnimmt, wird von den Käufern von Zuchttieren sehr geschätzt und ist für sie ein wichtiges Entscheidungskriterium, wenn es darum geht, wo sie die Tiere kaufen.

Durch intensive Geschäftsanbahnungen konnten von 2014 bis 2017 über 5.000 Zuchtziegen, die Mehrzahl weibliche Jungziegen, ins Ausland (Drittländer und EU-Länder) verkauft werden. Das bedeutet momentan jährliche Exporte von 2.000 Zuchtziegen. Die Nachfrage begann im Jahr 2008 zu steigen, kurz darauf entschloss sich der Verband, diese Exporttätigkeiten zu professionalisieren. Bereits 2012 wurden dann über 1.000 Tiere ins Ausland verkauft. Da die Käufer teils größere Stückzahlen ordern, für die das Angebot in Oberösterreich nicht ausreichen würde, werden auch Tiere aus anderen Bundesländern in die Exporte einbezogen.

Erfreulich ist die stetige Zunahme der Exportländer. So konnten in den letzten Jahren über 18 Zielländer mit Zuchtziegen beliefert werden. Einen Schwerpunkt bilden dabei Länder wie die Ukraine, Georgien, Serbien und Usbekistan.
Kitzfleisch – Eine Spezialität für Kenner

Während die weiblichen Jungtiere zum größten Teil für die Nachzucht und den Export benötigt werden, ist der Bedarf an männlichen Jungtieren für die Zucht deutlich geringer. Die männlichen Kitze werden daher in hohem Ausmaß als Milchmastkitze mit einem Alter von unter 14 Wochen geschlachtet und das Kitzfleisch in der Direktvermarktung oder über den Lebensmittelhandel dem Konsumenten angeboten. Während die Verbraucher hier bislang eher nur saisonal zum „Osterkitz“ griffen, ist es das Ziel des Verbandes, in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Schaf- und Ziegenbörse eine möglichst ganzjährige Belieferung des Marktes zu erreichen. Dazu werden diverse Marketingaktivitäten forciert. So wurden in Zusammenarbeit mit der AMA neue Rezepte und Videos über die Zubereitung von Kitzfleisch erstellt, um die Konsumenten für diese Vielen noch unbekannte Fleischsorte zu gewinnen.

Ziegenhaltung ist wichtig für die Kulturlandschaft
Neben den Milchziegen werden auch Fleischziegen und extensivere Gebirgsziegenrassen gehalten. Hier geht es häufig um die Landschaftspflege, da Tiere dieser Rassen auch bei geringerem Futterangebot ausreichend versorgt werden können.
Fleischziegen – dominierend ist hier die Rasse „Burenziege“ - sind durch ihr ruhigeres Temperament auch interessant für die „Mischbeweidung“ mit anderen Tierarten. Ziegen sind im Allgemeinen sehr geländegängig, kletter -, marsch- und bewegungsfreudig.
Daher können auch steile und felsige Hanglagen von ihnen problemlos beweidet werden. „Entsprechend eignen sich Ziegen besonders zur Erstpflege, zum Eindämmen und Beseitigen von Verbuschung auf Extensivflächen und Almen und damit zum Offenhalten der Fläche“, so Obmann Stöckl.

Herausforderungen für die Zukunft
Während die Nachfrage der Konsumenten nach Ziegenmilchprodukten im Jahresverlauf weitgehend konstant ist, zeigt die Milchanlieferungskurve starke saisonale Schwankungen.
Dies hängt wesentlich auch damit zusammen, dass die Milchziegen auf Grund ihrer natürlichen „Saisonalität“ in der Fruchtbarkeit überwiegend in den ersten Monaten des 6/7
Jahres ihre Kitze bekommen und vorher in den letzten Monaten der Trächtigkeit nicht gemolken werden können. Das bedeutet eine geringe Produktion um den Jahreswechsel, während dann ab dem Frühjahr nach dem Setzen der Kitze die Milchmenge rasant zunimmt und fast dreimal so hoch ist wie im Winter. Die Beratung des Verbandes geht daher in die Richtung, soweit möglich zu einer besseren Verteilung der Geburten und damit einer Glättung der Anlieferkurve zu kommen.


Auch der internationale Wettbewerb am Markt für Ziegenkäse ist eine Herausforderung und beachtlich stark. So stellen wir fest, dass der österreichische Handel den Markt für konventionell erzeugten französischen Ziegenkäse aufbereitet, obwohl ein vergleichbares Produkt in österreichischer Bio-Qualität verfügbar ist. Zur Stärkung des Produktionszweiges Ziegenmilch sind verlässliche Molkereien als langfristige Partner erforderlich. Dazu ist eine enge Kooperation zwischen Milchziegenhaltern und Verarbeitungsbetrieben notwendig. Betriebe sollten nur dann in die Ziegenmilchproduktion einsteigen, wenn sie zuvor einen Liefervertrag mit einer Molkerei haben. Das Potenzial in der Ziegenmilchproduktion ist aber jedenfalls gegeben und kann sich weiter positiv entwickeln, wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen

Foto 1- „Ziegenmilchprodukte sind gut nachgefragt. Rund zehn Millionen Liter Ziegenmilch werden hierzulande hergestellt“, erläutern ÖR Ing. Franz Reisecker (l.), Präsident der LK OÖ und Josef Stöckl, geschäftsführender Obmann des OÖ Landesverbandes für Ziegenzucht und -haltung.

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