AK-Kalliauer zur Debatte über den Ärztemangel

„Alle reden vom Ärztemangel. Schaut man sich aber internationale Vergleiche an, so müsste man eigentlich von einem viel gravierenderen Mangel an Pflegekräften sprechen. Wenn nun als eine der Lösungen des Ärztemangels darüber diskutiert wird, dem Pflegepersonal mehr Arbeitsbereiche zu übertragen, dann schrillen bei mir alle Alarmglocken“, warnt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und fordert dringend mehr Pflegepersonal.

Nach OECD und EUROSTAT ist die Ärztedichte in Österreich mit 4,8 Medizinern/-innen pro 1.000 Personen relativ hoch, der EU-15-Durchschnitt liegt mit 3,6 Mediziner/-innen deutlich niedriger. Ein ganz anderes Bild zeigt sich jedoch beim Pflegepersonal: Der EU-15-Durchschnitt beträgt 8,9 Pfleger/-innen je 1.000 Einwohner/-innen – Österreich liegt beim Pflegepersonal mit 7,7 je 1.000 Einwohner/-innen deutlich darunter. Dazu kommt noch, dass sich manche Länder stark vom Rest Europas unterscheiden: Dänemark hat 15,4 Pfleger/-innen auf 1.000 Einwohner/-innen hat, Belgien 14,8 und Island 14,5.

„Niemand bestreitet einen Handlungsbedarf im Gesundheitswesen“, so Kalliauer, „aber der erste Ansatzpunkt muss eine sofortige und deutliche Erhöhung der Pflegejobs sein.“ Nicht einmal jede zweite Pflegekraft glaubt, bis zum Pensionsalter durchzuhalten. Drei Viertel klagen über Kreuzschmerzen. Fast die Hälfte fühlt sich psychisch belastet. Das sind deutlich höhere Zahlen als in anderen Berufen.

Angesichts der europaweiten Personalschlüssel-Vergleiche überraschen auch aktuelle Zahlen aus einer IFES-Umfrage zum Thema Spitalsreform nicht: Das Hauptproblem sind für 74 Prozent der Pflegekräfte Zeitdruck und Stress, 59 Prozent beklagen die offensichtliche Personalknappheit, 56 Prozent sind belastet durch schweres Heben und Tragen. 58 Prozent klagen über immer höhere bürokratische Anforderungen und sachfremde Tätigkeiten – Zeit die ihnen für die Pflegearbeit fehlt. Und sie fürchten, dass es noch schlimmer kommen wird: Drei Viertel rechnen mit noch höherer Arbeitsbelastung und Zeitdruck, 59 Prozent erwarten eine Verschlechterung des Arbeitsklimas und immerhin 39 Prozent gehen davon aus, dass die Angebote für alternsgerechtes Arbeiten noch weniger werden.

„Neben mehr Pflegepersonal bedarf es außerdem dringend einer umfassenden Evaluierung der körperlichen und psychischen Belastungen der Pflegekräfte in Oberösterreich, bevor irgendwelche neuen Reformen noch mehr Stress verursachen“, fordert Kalliauer. Die erhobenen Belastungen müssen dann in Organisationsreformen, Veränderungen in der Bürokratie und in einer massiven Anpassung des Pflegeschlüssels – also mehr Personal – münden. „Pflegekräfte leisten wertvolle Arbeit für die Gesellschaft, dafür dürfen sie nicht auch noch krank werden. Und eine gerechte Bezahlung dieser wichtigen Arbeit ist ebenfalls mehr wie fair“ so Kalliauer.

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